Mit bayerischem Herz und marokkanischer Gelassenheit stellt Tausendsassa Yassin Malguitou seit 2016 die bis dato vernachlässigte Münchner Sneaker-Szene auf den Kopf: Nebst seinem anspruchsvollen Job in der Fashion-Branche organisiert er zusammen mit seiner Blogger-Crew Solemafia die erfolgreiche Party-Reihe Tip Toein‘ im Crux. Woher er seinen grenzenlosen Aktivismus nimmt, warum er bald senfgelbe Cordhosen im Schrank hat und warum er sich gerne durchs Leben treiben lässt, erzählt er uns in ungezwungenem Ambiente bei einem ausgiebigen Kaffeeklatsch in seinem all time favourite Frühstückshotspot: dem Baader Café.
Fast wird Yassin ein bisschen sentimental, wenn er vom Baader Café erzählt: Seit 2016 ist das rustikale Künstlercafé, das ihm einst seine beste Freundin empfohlen hat, fast so etwas wie sein zweites Wohnzimmer. Er schwärmt von den stabilen Preisen, der „geilen Qualität“ und der entspannten Stimmung, die mit melodischer Jazz-Musik untermalt wird – ein echter Café-Glücksgriff eben.
Aber fangen wir von vorne an. Yassin und seine Jungs „ging es ganz schön auf den Sack“, dass ihre Passion zu sportlichen Tretern höchstens in Berlin und vielleicht gerade noch so in Köln geteilt wurde – in München hingegen hinkte man ziemlich hinterher. Ja, und was macht man, wenn es etwas noch nicht gibt? Richtig, man macht’s selbst. Statt der dankbaren Community nur eine digitale Austausch-Plattform via Instagram & Co. zu bieten, suchte Yassin nach einer Location, in der man die Sohlen an den Füßen und den Bass in den Ohren spüren kann – für the real Sneaker-Feeling sozusagen. Lange suchen musste er nicht: Sein Hip-Hop-Stammladen, das Crux (RIP), hatte alles zu bieten, was sie brauchten, um mit der Idee durchzustarten.
Entgegen aller Vorwürfe, die man sich als Münchner manchmal so anhören darf – von wegen sehr verschlossen und so – wollten Yassin und seine Crew von Anfang an „nicht zu cool für alle anderen sein“. Means: Everyone is welcome. Sein zweites Hip-Hop-Projekt „Action Jackson” trug dasselbe Motto und war ein Versuch, die faulen Studenten auch am Donnerstagabend von der Couch ins Crux zu locken. Doch trotz des „Best Nightlife Award“ in der Kategorie Hip-Hop reichte es nicht zum dauerhaften Erfolg. Die Studenten blieben langfristig gesehen faul und Yassin kehrte der Heimat vorerst den Rücken.
Entmutigen lässt sich ein Yassin Malguitou von so kleinen Rückschlägen natürlich nicht. Seine Überzeugung: Wenn man selber etwas reißt, lernt man am meisten – auch wenn man mal „auf die Fresse fällt“. Solange man Partner und Freunde um sich hat, die einen unterstützen und mit denen sich das irgendwie richtig anfühlt, kann man eigentlich alles erreichen – das ist Yassins Überzeugung.
Beruflich ging es für den Lebenskünstler vor Kurzem ins schöne Rheinland. „Ich kann ganz gut labern irgendwie“, stellt Yassin fest und ist daher nicht wirklich überrascht, dass er sich auch fernab der bajuwarischen Kultur so schnell eingelebt hat. Neben seinem über 40-Stunden Job als Brand and Project Manager bei FILA, bringt er – ganz nebenbei – sein „Baby“ Tip Toein‘ von Zeit zu Zeit in den Kölner Szene-Schuppen Subway, während das Projekt in München ebenfalls weiterläuft. Schlafen? Kann er irgendwann anders. Sein Geheimrezept: Herzblut und eine ordentliche Portion Spaß an der Sache.
Mit Geduld erreichst du alles!
Yassins kluger Papa
Ja und was sagen Mami und Papi nun zu diesem Genereation-Y-Lifestyle, der so gar nichts von dem klassisch linearen Bildungsweg hat, den sich Eltern wohl wünschen, wenn die „Kleinen“ flügge werden? Auch wenn Yassin Schule, Uni und einen festen Job von der To-Do Liste abhaken kann, lebt er doch am liebsten frei Schnauze. Er lässt sich gerne treiben, in neue Städte und ferne Länder, – in spannende Projekte und verantwortungsvolle Aufgaben. Sein marokkanischer Papa ist da ganz zuversichtlich, er sagt ihm schon seit Kindertagen: „Avec de la patience on arrive a tout.“ Nur die Mama, die ist eigentlich rund um die Uhr besorgt um ihren Bub. Unterstützung? Bekommt er natürlich immer von beiden!
Überhaupt ist heute alles anders, findet das aufgeschlossene Multitalent: „Unsere Generation ist so viel weltoffener und internationaler geworden, es ist ein Glück, so vieles sehen zu können. Gap-Years sind normal, ein abgebrochenes Studium kein Weltuntergang mehr.“ Schon ‘ne schöne Sache, dieser Wandel.
Dass er aus München kommt und seine neuen Kölner Freunde das auch spüren, darauf ist er stolz. Und trotzdem hat er zum Abschluss noch ein paar Tipps für seine heiß geliebte Heimatstadt auf Lager: Hilfsbereiter werden und die Angst vor Fremden zu verlieren. Auch wenn die Stadt urbaner geworden ist, ist da noch viel mehr Platz für innovative Projekte wie das Container Kollektiv. Ach ja, und – ganz besonders wichtig: „Die scheiß Supermärkte müssen bis 10 Uhr aufmachen!“ Die Späti-Kultur aus Köln gefällt dem eingefleischten Partytier nämlich doch ziemlich gut. Fest steht: Es bleibt spannend in Yassins actionreichem Alltag. Und wir sind gespannt, wann und womit er die Münchner Sneakerfans als Nächstes überrascht.
Wenn Besuch von auswärts da ist, geht’s immer in die Spezlwirtschaft: Bayerisches Essen auf modern gemacht schmeckt so gut wie jedem. Ansonsten schlemmt er gerne frischen Fisch in der Pescheria oder saftiges Steak im Goldenen Kalb.
Die 14? Nie gehört. Kein Wunder: Was unter Stammgästen schlicht als 14 betitelt wird, ist uns besser bekannt als die Robinson Kuhlmann Bar am Gärtnerplatz. Drink-Empfehlung: Liquid Cocaine oder Moscow Mule.
Die Frage nach dem „Wo“ ist in diesem Fall natürlich sehr einfach beantwortet: Yassin bleibt seinen Wurzeln treu und geht am liebsten ins Crux (RIP) um die Nacht zum Tag zu machen. Alles andere hätte uns jetzt auch irgendwie überrascht.
Gibt’s selbstredend nach einer langen Partynacht im Baader Café. Neben legendären Rühreiern mit Bacon und ordentlich belegten Sandwiches, empfiehlt Yassin vor allem das prickelnd kalte Zitronenwasser als Anti-Brand-Katerheilmittel.