Vorurteile sind überall! Sogar in der Küche. Damit aufzuräumen ist immer eine gute Idee, ob durch Bildung, Aufklärung, Horizonterweiterung oder durch innovative Speisen. Den Münchnern zu zeigen, dass die griechische Küche weitaus mehr zu bieten hat als 20 verschiedene Gyros Versionen – damit ist Gastronom Kosta mit seinem Souxé Mezé angetreten. Der wohl leckerste Plan, den man für solch eine Mission haben kann!
Doch zunächst mal eine kleine Aufklärung, bevor euch das Fragezeichen nach der richtigen Aussprache noch länger verfolgt. Das Delikatessliebhaber-Eck an der Münchner Freiheit wird „Suxeä Meseä“ ausgesprochen. Konstantinos Angelopoulos – kurz Kosta – hatte einfach keine Lust, die neue Botschaft griechischer Küche nach einem Gott oder Philosophen zu benennen. Das wäre zu naheliegend gewesen. Das Wort Souxé ist ein eher modernes Wort im Griechischen und steht für eine Anspielung an das englische „success“, bedeutet aber so viel wie „Charisma“. Es geht hier also um Mezé, Mezze oder Maze der ganz besonderen Art. Das diese Speiseform nur im Arabischen existiert, ist nämlich auch nur ein Vorurteil. Und auf die wollen wir – und Kosta sowieso – ja verzichten.
Egal ob „Mezé“, „Mezze“ oder wie auch immer – all diese Worte haben eins gemeinsam: Sie stehen für’s Naschen. Der große Vorteil beim Naschen liegt darin, sich nicht übermäßig voll zu stopfen. Wer kleine Portionen in langsamen Genusstempo isst, lebt nicht nur gesünder, sondern kommt auch ganz ohne lästiges Fresskoma aus. Außerdem sieht ein Tisch mit vielen kleinen und sehr liebevoll angerichteten Tellern noch dazu über die Maßen appetitlich aus. Genau darum geht es Kosta, – seine Gäste einzuladen, unbekannte Geschmäcker kennenzulernen und sich mit jedem Teller auf’s Neue überraschen zu lassen. Am besten bittet ihr den Chef des Hauses einfach direkt darum, euch die Qual der Wahl abzunehmen und euch mit seinen Lieblingsspeisen zu verwöhnen. Genau so würde es der Tavernen Wirt in der Heimat seiner Eltern nämlich auch machen, erzählt er uns bei unserem Besuch im großartigen Eck-Restaurant.
Auf der Suche nach einem passenden Weingut für sein Lokal wurde Kosta der Weg zum griechischen Wikinger geleitet. Ein deutscher mit griechischer Sehnsucht… „Domaine Florian“ ist ein Weingut geleitet von einem Vater-Sohn Gespann aus dem Frankfurter Raum. Zwei Männer mit der Mission, den Weinbergen rund um Thessaloniki zu neuem Ruhm zu verhelfen. Der wirtschaftende Winzer ist Sohn Florian, nach dem auch das Gut benannt ist. Er sieht allerdings vielmehr wie Ragnar Lothbrok als wie ein griechischer Winzer aus, spricht allerdings besser in Kostas Muttersprache als er selbst. Das imponiert nicht nur den Griechen vor Ort, sondern auch Kosta selbst. Dieser Wein musste einfach den Weg in Kostas Hände finden. Und unsere Kehle hinunter, versteht sich…
Kosta, aufgewachsen in Sendling, ist ein Mann des Nachtlebens und der Gastroszene. Ausgehen und die Kreativität von Wirten und Clubbetreibern in ganz Europa zu erforschen, ist seine große Leidenschaft. Umso mehr lag die Frage auf der Hand, warum das neu aufkeimende Mezé-Selbstverständnis der Griechen rund um Thessaloniki und auch Athen noch nicht in Deutschland angekommen war. Regelmäßige Besuche in Volos am pegasitischen Golf gehörten und gehören zu Kostas Pflichtprogramm. Dort wurden die delikatess-Naschereien seines Gastro-Konzepts perfektioniert. Einen eigenen Laden aufzumachen, der die gesamte Bandbreite griechischer Mezé Kultur präsentiert und Münchner Zungen verwöhnt, war für Kosta nur zu naheliegend.
Die Kreativität in der Küche entsteht dabei durch die Zusammenarbeit mit seiner kleinen Schwester Barbara. Und natürlich mit Litza, die griechische Köchin und gute Seele des Souxé Mezé. Eine weitere Besonderheit (eigentlich dem mangelnden Platz geschuldet) ist die kleine Küche direkt hinter der Bar. Ob gewollt oder nicht, das familiäre Ambiente wird dadurch gefördert und gibt uns als Gast das Gefühl in einer kleinen Hafentaverne in Volos zu sitzen. Ein gutes Glas Syrah, dazu Kalb geschmorrt in Weißwein und Quitte, Oktopus an Belugalinsen und Löwenzahn und Spitzpaprika überbacken mit Tomaten, Zwiebeln und Feta. Diese Speisekarte hat nun wirklich nichts mit dem Griechen zu tun, den wir bisher kannten. Funfact: Weil die Außenbeschriftung nicht komplett fertig war, als Kosta im Juli 2018 eröffnete, gab es noch keinen offiziellen Hinweis auf die griechische Tradition. Geraten wurde viel von den Gästen, erinnert sich Kosta bei unserem Besuch: „Französisch oder südamerikanisch?“ Richtig lag aber selten jemand… Wer ins Souxé Mezé geht, kann sich also darauf einstellen, die griechische Küche ganz neu kennenzulernen.