Bergsport gehört zu München, wie zu keiner anderen Metropole Deutschlands… ach was reden wir?! Europas! Unsere Nähe zu den Alpen hat diese traditionsreiche und mythengeladene Sportart zum „Spirit-Sport“ der Stadt gemacht. Daran dürfte der alte August Schuster mit seiner Eröffnung eines Bergsport-Fachgeschäfts wohl wesentlich zu beigetragen haben. Viele wissen es nicht, aber „der Schuster“ stattet nun schon seit über 107 Jahren Münchner aus, die es in die Berge treibt. Und das sind viele! Zeit wird’s, dass wir das Traditionshaus am Marienplatz und seinen Status als Kultplace näher unter die Lupe nehmen.
Als das Sporthaus 1913 seine Pforten öffnete, war der Run auf die Berge gerade in seiner ersten Blüte. Wer zu dieser Zeit ins nackte Massiv der Felsen aufbrach, war nicht selten auf der Suche nach Heldenstatus und wurde dafür entweder mit selbigem oder aber dem Tod bezahlt. August Schuster selbst war einer dieser frühen Teufelskerle des Sports und somit auch der perfekte Ansprechpartner für seines gleichen. Mit seinen drei Angestellten der ersten Stunde rüstete er die Münchner mit Ski- und Kletterausrüstung für die alpine Sehnsucht aus.
Da August aber nicht nur Pionier des Sportes selbst, sondern auch dieses Geschäftsmodells war, konnte der Schuster schnell und erfolgreich wachsen. Nicht zuletzt auch wegen seines Erfindergeistes. Wohl die wenigsten dürften sich noch daran erinnern, dass unter dem Label ASMÜ (August Schuster München) auch eigene Sportgeräte und Ausrüstungsgegenstände erfunden wurden. Fortschrittliche Skibindungen, spezielle Sohlen, Fels- und Eishaken und zwölfzackige Steigeisen mit denen die berühmte Eiger Nordwand erst bestiegen werden konnte. Zu guter Letzt ist sogar das Perlon-Kernmantelseil ist eine Erfindung der Kultschmiede. Bis zu dieser Bahnbrechung war alle Welt noch mit dem Hanfseil gesichert. Jeder der nur bereits ansatzweise mal Höhenluft schnuppern durfte, weiß welchen Komfort und Sicherheit uns diese Erfindung noch heute spendet.
Mit dieser ganzen Ausrüstung umgehen zu können, kann man seinen Mitarbeitern natürlich in Schulungen und Workshops beibringen. Oder aber man stellt Menschen ein, die sowieso bescheid wissen. Wer selbst mehrfach die Woche klettert und an den Wochenende die Berge erkundet, hat einfach die authentischste Erfahrung. Genau dieses Model wurde in der gesamten Unternehmensgeschichte gefahren: Von Bergsportlern für Bergsportler. So wie die Geschichte von Hermann Buhl. Diese absolute alpine Legende war 1953 nicht nur der Erstbesteiger des berühmten Nanga Parbat sondern im Hauptberuf auch Mitarbeiter der Bergsportabteilung. Seine Mission wurde natürlich vom Arbeitgeber, dem Sporthaus Schuster, ausgestattet. Die Tradition der nicht nur fachkundigen, sondern erfahrenen Mitarbeiter, besteht bis heute.
Seit den Jahren der Nachkriegszeit in denen nicht nur Legenden mit Expeditionsausrüstung ausgestattet, sondern auch das ganze Geschäft nach vollständiger Zerstörung wieder neu aufgezogen werden musste, wurde der heutige Schuster geboren. Diese Geburt fand nicht nur in Form des heutigen Geschäftsführers Flori Schuster statt, sondern auch im Begin des Freizeit und Trendsport Zeitalters. 1969 wurde der Schuster vom Sporthaus daher auch umbenannt in Freizeit und Sport Schuster. Klingt nach einer Lappalie, aber zwischen reinem Bergsport und dem gesamten Spektrum, das sich bis heute entwickelt hat, stehen ganze Gebirge an Veränderungen. Zum Glück hat die Schusterdynastie aber nicht almöhiartig verpennt, vielleicht auch nicht zuletzt weil der Flori schon als Kind das komplette Sortiment testgespielt, beherrscht und stetig erweitert hat.
Seit den 50ern hat sich der Schuster daher stetig neu erfunden und sich dem ständig transformierenden Sportmarkt nicht nur angepasst, sondern diesen auch immer mitgestaltet. Wer hat schon einen eigenen Klettersteig über alle Etagen im eigenen Haus, der sogar in einschlägigen Führern gelistet ist. Klingt jetzt nach viel Honig um den Bart, aber in Zeiten von immer größeren Onlineriesen und Sport-Discounter-Ketten gehört da so einiges an unternehmerischem Geschick zu, weit über 100 Jahre populär zu bleiben. Wenn es sowas wie Lokalpatriotismus gibt, dann sollte der wohl auch die Traditionshäuser einbeziehen, die an den Legenden der Stadt mitgewirkt haben.