Faces of Minga #14 Zuhause bei Dragqueen Janisha Jones

Geheimtipp Muenchen Drag Queen Janisha Jones Zuhause – ©wunderland media GmbH

Drag ist schrill, auffallend, bunt, krass und anders. Drag ist eine Kunstform. Doch wie wird Man(n) zu einer Dragqueen – in schwindelerregenden High Heels, spektakulären Kostümen und mit jeder Menge Make-Up? Was macht eine Dragqueen aus? Wir haben den Wahlmünchner Jan Sabater Viñals aka Janisha Jones und seinen Hund Tom Zuhause besucht. Bei einer Tasse Kaffee hat er uns erzählt was Jan von Janisha unterscheidet, weshalb alle Dragqueens Feministinnen sind und weshalb zum Drag-Sein mehr gehört, als nur das crazy Outfit. Und ja, natürlich haben wir den gebürtigen Katalanen auch gefragt, wie Heidi Klum so ist und welche Hoffnungen er nach seiner Teilnahme an der Pro7 Show „Queen of Drags“ hegt.

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Provokant und fantastisch: Janisha Jones.
© Cheyenne Hoch

Das Fünkchen gespielte Arroganz

In schlichtes Schwarz gekleidet öffnet uns Jan an einem Spätnachmittag die Wohnungstür. Die violette Haarpracht lässt erahnen, dass irgendwo da drin Janisha Jones zuhause ist. Spätestens seit ihrem Auftritt in der neuen Show der populären Modell-Mama kennen nicht nur viele Münchner die schrille Schönheit – und damit natürlich auch Jan, der sie regelmäßig zum Leben erweckt. Klar, dass wir zu Beginn des Interviews erst einmal wissen wollen: Ist die Primetime-Show vergleichbar mit “Germanys next Topmodel”? Laut Jan definitiv nicht: “Queen of Drags ist ein Statement. Ein Statement von der Schwulenszene.” Erstaunlich: Erst das konservative München habe ihn, den ansonsten eher schüchternen Jan, zur Extrovertiertheit und damit zum Drag gebracht, erzählt er uns. Wohl ein Akt der Rebellion?Mehr noch, sogar zur Arroganz. Ob das als Dragqueen dazu gehört?… “Ja und nein“, antwortet Jan. „Man muss die Arroganz schauspielern. Und zwar so, dass das Publikum merkt, dass es nur geschauspielert ist.” Puh, hört sich ganz schön schwer an! Arroganz mit einem Augenzwinkern. Denn eine Dragqueen, so lernen wir bei Jan im Wohnzimmer, ist immer die Rolle, die sie sich selber kreiert. Ein Alter Ego also.

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Jan hat uns zum Kaffee eingeladen.
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How to drag

Jan kommt aus Katalonien. Künstlerisch tätig zu sein, das sei immer schon sein großer Wunsch gewesen, sagt er. Mit der Rolle als Janisha Jones hat er sich diesen Wunsch erfüllt – schauspielert, malt, kostümiert sich und tanzt. Janisha ist also eine Kunstfigur, die er geschaffen hat, um seine musischen Seiten zu fördern und auszuleben. Doch wie wird man eigentlich eine richtige Dragqueen? Jan hat sich vor drei Jahren von einem Freund inspirieren lassen, nahm kurzerhand an dem jährlichen Dragqueen Contest im Harry Klein teil und gewann. Seit diesem Contest perfektioniert Jan stetig seine Kunst. Mit Kleidung und Kostümen im Wert von über 15.000€ im Schrank, über 30 Perücken, einem Haufen Make-up, das ihn zusätzlich einige tausend Euro gekostet hat, erzählt er uns. Und vor allem mit jeder Menge Übung. Denn Letzteres sei das A und O einer gelungenen Drag-Performance. Von der richtigen Songauswahl bis hin zum Lippsing-Training muss alles stimmen. „Besonders wichtig ist, dass man Gänsehaut bei den Songs bekommt“, erzählt uns Jan. Was das aufwendige Make-up angeht, da gibt er ehrlich zu: “Ich lerne immer noch.” Kein Wunder, denn die Verwandlung zu Janisha ist so aufwendig, dass sie sich gut und gerne mal über drei Stunden hinzieht.

Das ganze Interview mit Janisha gibt’s auch in unserem Podcast

Verwandlung macht glücklich

Jan nimmt einen Schluck von seinem Kaffee und berichtet uns dann so beiläufig wie er die Tasse auf dem Tisch abstellt: „Diskriminiert wurde ich schon oft. Sogar in Gay-Clubs.“ Was uns doch recht schockiert, tut Jan mit einem einfachen Resümee ab: „Idioten gibt es halt überall. Wenn mich irgendjemand blöd anmacht, dann ciao. Das brauch ich nicht.” Recht hat er. Und um bei Klischees zu bleiben: Heterosexuelle Dragqueens gibt es in München laut Jan tatsächlich wohl keine. „Das könnte jedoch daran liegen, dass es in München allgemein sehr wenige Dragqueens gibt.“ Damit Drag trotzdem peut a peut einen Platz in der „Normalität“ findet, nutzt Jan als Janisha auch ganz bewusst die öffentlichen Verkehrsmittel. Früher habe er dafür noch doofe Blicke kassiert. Doch München hat sich anscheinend weiterentwickelt. Wenn auch langsam. „Inzwischen kommen die Leute auf mich zu, stellen Fragen und möchten Bilder mit mir machen.“ Sehr zu Jans Freude. Generell habe die Möglichkeit zur Verwandlung ihn glücklicher gemacht. “Drag macht mich besser”, sagt er. Klingt logisch, denn irgendwo in diesem introvertierten Jan, steckte sicher immer schon die extrovertierte Janisha – Lebensfreude die ansteckt. “Janisha hat Jan aufgegessen”, lacht der Performance-Künstler während er seinen Hund Tom streichelt. “Jan ist fast nicht mehr da.” Eine Wiedergeburt? Scheint so. 

Ich kenne keine Dragqueen, die nicht feministisch ist.

Janisha Jones

Die Politik und Drag

Drag und Politik, für Janisha gehört das klar. zusammen: “Sobald ein Mann eine Perücke trägt, High Heels anzieht und sich schminkt, ist es politisch. Ich kenne keine Drag Queen die nicht feministisch ist. Frauen sind unsere Vorbilder. Wir interpretieren Frauen, weil sie stark sind.” Ein einleuchtend, wie starkes Zitat. Nach Janishas Empfinden sind auch alle heterosexuellen Dragqueens indirekt Feministinnen, ob sie wollen oder nicht. Übrigens: Wir erfahren, es gibt auch weibliche Dragqueens, zwar sehr selten, aber immerhin. Noch ist das Dragqueen-Dasein als Vollzeitjob bei Jan nicht der Fall. Aber genau das sei sein Ziel. „Die Wochenenden sind voll mit Auftritten. „Unter der Woche jobbe ich aber im Café Nil, wo ich gemeinsam mit den Drag-Kolleginnen Dean DeVille und Pasta Parisa alle zwei Monate eine Drag Show und einen Drag Brunch auf die Beine stelle.“ Drag Mimosas – ein Event mit Showeinlagen, leckerem Essen, ganz vielen Mimosas und einem guten Zweck. Denn der Erlös geht an die Aids-Hilfe. Drag sichtbar machen und damit ein buntes München fördern, das ist die Mission von Janisha und Co. Fest steht für uns nach diesem mehr als spannenden Hausbesuch: Drag ist nicht einfach nur eine Kostümierung, Make-up und Show. Es ist eine Lebenseinstellung. Und zwar nicht nur für die Dragqueen selber. Sondern auch für uns als Gesellschaft, die wir Diversität nicht nur in TV Shows und auf Bühnen, sondern auch in unserem Alltag feiern sollten. Danke Janisha für diesen Einblick.

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