Das Zentraltheater Junger Zeitgeist auf der Nachwuchsbühne

Geheimtipp Muenchen Kultur Theater Zentraltheater Clockworkorange 3 – ©Lea Mahler

Theater ist Hochkultur, ohne Frage. Aber muss es sich auch immer so anfühlen? Elitär und steif, beschlipst statt beschwipst, ein kulturelles Wichtiggetue statt einfach ein Abend mit Herz und Bühnenverstand?! Das Zentraltheater in Hauptbahnhofsnähe beweist: Nee, muss es nicht. Zwischen Internetcafés, schangeligen Imbissbuden und asiatischen Souvenirshops hat die Nachwuchsbühne im Januar 2017 ihre erste Vorstellung in eigenen Räumlichkeiten an den Start gebracht. Und überrascht seither gleich auf zwei Arten: 1. weil wir Hochkultur an dieser Stelle in München niemals erwartet hätten. Und 2. weil Hochkultur wiedererwartend auch jugendlich frisch und frei sein kann. Ein Abend an dem man sich erst den Döner um die Ecke schmecken lässt und dann bei einem Bierchen ganz lässig mit Freunden ins Theater zieht. Um Stücke anzuschauen, deren Inhalt einen als jungen Menschen wirklich betreffen. 

München Zentraltheater – ©wunderland media GmbH
Pssst… denkt euch die Masken dazu – das Bild ist vor Corona entstanden.
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Mission erfüllt!

Die Vision der Macher: Kultur wieder zugänglich machen und speziell junge Leute wieder ins Theater ziehen. Um sie damit zu überraschen, wie aufregend ein solcher Abend sein kann. Kommen sollen auch die, die bisher noch nie im Theater waren, dabei denken die Macher zum Beispiel an die Menschen aus dem näheren Umfeld des Theaters, dem Bahnhofsviertel. Schauspielkunst als Integration, auch das ist ein Hintergedanke des Zentraltheaters. An den Start gebracht hat das Ganze der Geschäftsführer der Schauspielschule Zerboni, in dessen Gebäude die Bühne zuhause ist.

Geheimtipp Muenchen Zentratheater Theater 10 – ©wunderland media GmbH
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Geheimtipp Muenchen Zentratheater Theater 15 – ©wunderland media GmbH
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München Zentraltheater – ©wunderland media GmbH
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Premiere für Clockwork Orange

Höchste Zeit also, dem jungen Theater mal wieder einen Besuch abzustatten – der Letzte ist leider schon viel zu lange her. Und das liegt natürlich nicht zuletzt an dieser Pandemie… von der merkte man zum Glück bei der Premiere des neuen Werks „Clockwork Orange“ so gut wie nichts. Am Einlass kurz unseren 3-G Nachweis gezeigt und schon waren wir drin! Klar, Maskenpflicht ist auch hier angesagt, – ist bei dem kurzweiligen Vergnügen aber wirklich kein Problem. Wer den bahnbrechenden Film-Klassiker gesehen hat, der kennt die dramatische Geschichte von Droogs-Anführer und Beethoven-Liebhaber Alex: Mit gerade mal 15 Jahren führt er eine gewaltbereite Jugendgang an, die auch vor Vergewaltigung und Mord Wehrloser nicht zurückschreckt. Seine Taten nehmen ein jähes Ende, als ihn einer seiner Kompagnons verrät und der Polizei überlässt. Als Konsequenz landet er nicht nur im Knast, sondern wird auch als Versuchskaninchen der Regierung eingesetzt: Mittels einer brutalen Aversionstherapie wollen sie das Böse aus ihm treiben… 

Schlechte Nachrichten… …aber Kopf hoch!

Wer an dieser Stelle frohlockt und sich denkt: Da MUSS ich hin – leider ist das aktuelle Stück schon ausverkauft. Hört jetzt also besser auf zu lesen, falls ihr euch ärgert, dass ihr dieses Schauspiel-Feuerwerk verpasst habt. Aber wir habe auch gute Nachrichten für euch: Die nächste Premiere von „Unter Verschluss“ ist schon am 9.11. Dieses Mal also besser schneller sein…

Eineinhalb Stunden Magie

So weit, so gut! Was der junge Cast des Zentraltheaters daraus gemacht hat, wollt ihr wissen? Um es mit einem Wort zu beschreiben: Magie. Mal nachdenklich und leise; mal aufbrausend und laut, zwischen Ernst und Leichtsinn – aber zu jeder Zeit ausdrucksstark, fesselnd und mit einer feinen Prise Humor, der die Szenen der körperlichen Übergriffe auf angenehme Weise aufbrechen. Das Publikum (also uns inklusive) staunt, erschreckt, lacht, wird mitgerissen von den geballten Emotionen, die Thimo Meitner, Franz-Xaver Zeller, Philipp Weigand, Lina Witte, Oliver Mirwaldt und ihre talentierten Mit-Schauspieler unter der Regie von Lea Ralfs auf der Bühne ausstrahlen. Würdet ihr uns fragen, wer uns vom Hauptcast am besten gefallen hat? Wir wissen keine Antwort, –  der Auftritt aller hat nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Was uns neben der herausragenden schauspielerischen Leistung so fasziniert hat: die Bühnenausstattung und die Kostüme. Die waren nämlich nicht vorhanden. Schwarze Wände, weißer Boden, schwarz gekleidet: Aus so wenig so unglaublich viel zu machen, ohne Schnick-Schnack und Glamour – nur durch die Charaktere an sich zu überzeugen, das muss man erst mal nachmachen. Und nicht vergessen: Theater lebt auch mit und durch den Inspirationsspielraum – lasst euch auf das Stück und das Erlebnis ein und ihr werdet einen wunderbaren Abend haben.

Unser Fazit

Wer als Zuschauer so nah dran ist, der hat am Ende des Abends, wenn sich die Darsteller verbeugen, wirklich das Gefühl, die Jungs und Mädels persönlich zu kennen. Selbst wenn er sie nie zuvor gesehen hat. Sich so zu öffnen, vor komplett fremden Menschen, das ist eine echte Kunst, resümieren wir. Und ziehen den Hut vor den Nachwuchstalenten, die auf der Zentraltheater-Bühne stehen.