Marionettentheater Kleines Spiel Große Bühnenmagie an seidenen Fäden

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Donnerstagabend. Mitten in Schwabing. Wir sind gerade auf dem Weg nach Hause. Da sehen wir plötzlich eine endlos lange Schlange an Menschen, die scheinbar für irgendetwas ansteht. Hä, das ist doch ein ganz normales Wohnhaus! Was soll denn da bitte sein?! Erst als wir näherkommen, können wir ein kleines Leuchten erkennen. Ein Schriftzug auf Lamellen sagt da: „Marionettentheater Kleines Spiel“. Aha. Aber wir sehen hier nur Erwachsene. Haben denn Marionetten nicht nur mit dem Kasperltheater für Kinder zu tun? Wir sind neugierig. Jetzt stellen wir uns einfach auch mal an und schauen, was uns erwartet. Soviel sei schon einmal verraten: Das Kleine Spiel wird uns an diesem Abend mit großem Bühnencharme überzeugen …

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Unscheinbar und klein, aber oho – ein echter Geheimtipp eben

Die Treppen nach unten und durch eine rote Tür: So betreten wir das Marionettentheater Kleines Spiel. Obwohl sich das Theater spartanisch mit roten Bänken und kargen Wänden zeigt, legt sich sofort eine heimelige Atmosphäre wie eine warme Decke um uns. Dieser kleine Raum hat etwas Besonderes, einen ganz einzigartigen Charme, den wir gar nicht richtig beschreiben können. Eine Atelierwohnung – die erste Location des Kleinen Spiels – wurde bereits 1947 zum Theater umfunktioniert. Somit ist es das älteste private Theater Münchens. Zwei Dinge haben sich seither nicht verändert: Noch immer sind die Puppenspieler*innen, Figurenbauer*innen und Sprecher*innen ehrenamtliche Theatermacher*innen. Und: die Vorstellungen kosten immer noch keinen Eintritt. 

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Der Blick hinter die Kulissen: Liebevoll chaotisch

Wir wären natürlich nicht Geheimtipp München, wenn wir nicht wenigstens einen kurzen Blick hinter die Kulissen werfen dürften. Was wir dort sehen? Eine Mini-Garderobe, dafür eine verhältnismäßig große Werkstatt, in der alles wild verteilt herumliegt. Hier werden die Marionetten hergestellt, das Bühnenbild geschaffen und die ein oder andere kurzfristige Reparatur durchgeführt. Es kann nämlich schon mal sein, dass sich während der Aufführung ein paar Marionettenfäden verheddern oder ein Bein abbricht … Während die einen in der Werkstatt tüfteln, kümmern sich die anderen um Licht und Ton, schreiben Texte, lernen sie auswendig oder wählen die passende Live-Musik zum Stück aus. Ein kreatives Gewusel par excellence also. Hier arbeiten und halten alle zusammen. Und zwar ehrenamtlich, – aus Liebe zum Figurentheater. Keiner ist als Profi gekommen. Aber mittlerweile sind alle Profis: „In der Zeit haben sich viele neue Talente entwickelt. Man kann schon sagen, dass wir hier nun richtige Profis haben“, erzählt uns Petra, eine von derzeit 40 Mitwirkenden.

Das aktuelle Stück: Schnell im Biss – Eine musikalische Vampirparodie

Die karrierebesessene Sarah van Helsing will dem Grafen Dracula sein berühmtes Schloss abluchsen. Doch drei blutdurstige Vampirdamen haben da auch noch ein Wörtchen mitzureden …

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Kleines Theater, kleine Figuren, große Talente

Wir würden sagen: In keinem anderen Theater wird die Beschreibung „klein“ besser umgesetzt als hier. Falls es euch noch nicht aufgefallen ist, wir beschreiben’s nochmal. 1. Das Theater ist wirklich klein. Obwohl sogar 60 Zuschauer*innen dem Spiel-Vergnügen beiwohnen können, ist die Räumlichkeit an sich hauptsächlich eins: KLEIN. 2. Marionetten sind kleine Puppen. Da brauchen wir nicht mehr dazu sagen, oder? 3. Ach, der Name des Theaters natürlich. „Kleines Spiel“ passt ja wohl ausgezeichnet zu allem, was uns hier erwartet. Trotzdem: was uns auf und hinter der Bühne erwartet, ist vor allem eins: das große Talent aller Mitwirkenden.

Kultfaktor durch und durch! 

Ja, das Kleine Spiel ist wirklich ein Kult-Theater. Nicht nur, weil es letztes Jahr sein 75. Jubiläum gefeiert hat und bereits Literatur-Legenden wie Michael Ende und Tankred Dorst hier involviert waren. Nein auch, weil hier einfach jeder zusammenkommt. Das zum einen auf und hinter der Bühne: der Jüngste ist elf, der Älteste 85 Jahre alt. Zum anderen auch im Publikum: Der Nachbar von nebenan, der erst nach 20 Jahren entdeckt hat, dass es hier ein Theater gibt. Die ältere Dame, die schon seit 30 Jahren einmal im Monat vorbeischaut. Und eben die, die mit Marionetten gar nichts am Hut haben und einfach neugierig sind. Die Einzigen, die hier nicht herkommen, sind tatsächlich Kiddies. Obwohl wir das Marionettenspiel intuitiv mit Kindern verbinden, sind die Vorstellungen im Kleinen Spiel in erster Linie an ein erwachsenes Publikum gerichtet. Also: Lasst die Kleinen mal beim Babysitter und schaut in der Neureutherstraße in Schwabing vorbei. Es wird euch gefallen!

Vorhang auf heißt es immer an 6–10 aufeinanderfolgenden Donnerstagen. Es gibt keine Karten zum Reservieren, ihr müsst euch also ganz brav in die Schlange stellen. Aus Geheimtipp-Erfahrung können wir aber sagen: Es bekommt selten jemand keinen Platz.

Das Prinzip: Einer führt die Marionette, ein anderer spricht. Dabei ist natürlich ein guter Austausch gefragt, aber man spielt sich mit der Zeit gut ein. Mit Leuten für Licht, Musik und Co. kann es dann schon mal sein, dass ca. 20 Leute hinter der kleinen Bühne stehen.

Ganz unterschiedlich. Manche Stücke werden selbst geschrieben und nachgefasst. Stücken wie Macbeth liegt natürlich der Originaltext zugrunde.

Ja, der Eintritt ist frei. Aber auch Kunst kostet natürlich. Nach jeder Vorstellung wird mit dem traditionellen Zylinder um Spenden gebeten. Und: Props an die Vermieter, die seit Lebzeiten die Miete nicht erhöht haben. Danke!