Aus dem Leben eines Lieferboten Von Sattelfestigkeit, Drahteselkrise und Bestellgeheimtipps

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote6 – ©Unsplash

Jeden Tag selbst kochen – und womöglich immer Pasta – da hängt schnell der Haussegen schief. Und weil Essen ja gerade (fast) die einzige Kultur ist, die man genießen kann, freuen wir uns über Abwechslung: Mal ’nen Burger, dann wieder Indisch… Thank god, dass es diese wunderbaren Liefer-Dudes gibt! Und wie man sich denken kann: Die können sich vor Arbeit grade nicht retten. Aber wie cool oder uncool ist die Arbeit eines Lieferboten eigentlich? Vor welchen Herausforderungen steht er oder sie, bevor wir die Leckereien hoffentlich heile an der Haustür empfangen? Wir haben mit einem ehemaligen Lieferboten und Radel-Enthusiast gesprochen und ihn zu seinen Erfahrungen befragt. Und natürlich gab es auch ein paar Experten-Geheimtipps zu den besten Lokalen, die liefern. Plus: Die Infos, wo der wohl faulste Münchner ever wohnt.

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote5 – ©wunderland media GmbH
Nicht nur als Lieferbote ist Student Julius viel auf dem Bike unterwegs.
© wunderland media GmbH

Superhelden auf dem Radl

Die Retter in der Not – die Jungs und Mädels, die durch die ganze Stadt radeln, um uns unser Abendessen zu servieren. Wir sehen sie nur immer flitzen, aber was genau ist das für ein Job? Julius studiert Luft- und Raumfahrttechnik an der FH und hat zwei Jahre für einen Münchner Lieferdienst gearbeitet. Da er leidenschaftlicher Radfahrer ist, genau sein Job. „Ja, hart ist es schon – vor allem für Leute, die nicht gerne Fahrrad fahren ist es auch nur ‘ne Qual – aber wenn du gerne radelst, super! Du bist draußen an der frischen Luft, in Bewegung, gut zum Abreagieren und du verdienst dabei auch noch Geld.“

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote4 – ©Unsplash
Da hat jemand den Service gut ausgenutzt.
© Unsplash

An einem Tag 100 Kilometer radeln – tough!

Doch wie anstrengend ist der Job eigentlich wirklich? „An einem guten Tag bin ich schon mal 100 Kilometer geradelt. Und man muss bedenken: Je schlechter das Wetter, umso mehr Bestellungen. Da ist man dann wirklich durchgehend auf Achse. An einem ruhigen Tag kann man sich aber auch easy mal kurz in die Sonne setzen.“ Wir geben zu, dass wir am liebsten auch bei Regen bestellen… Aber wie ist denn die Bezahlung bei diesem körperlich ziemlich anstrengenden Job? „Wir sind nicht abhängig von den Bestellungen, denn den Stundenlohn bekommen wir immer pro Schicht, der liegt etwas über dem Mindestlohn. Aber über Trinkgeld freut man sich natürlich immer extrem, nachdem man noch in den dritten Stock gelaufen ist. Erst das Trinkgeld macht den Job wirklich lukrativ – das ist also ähnlich wie in der normalen Gastronomie“, erzählt uns Julius.

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote3 – ©Unsplash
Die meisten Delivery-Guys nutzen übrigens ihr eigenes Fahrrad.
© Unsplash

1001 Geheimwege durch den Stadtdschungel

Der Lieferbote in „Rente“ erinnert sich noch an seinen ersten Arbeitstag: Frisch nach München gezogen, waren weniger die vielen Bestellungen an sich die Herausforderung, als die Orientierung . „Ich musste mich erstmal in der Stadt zurechtfinden. Zum Glück gibt es Google Maps, sonst wäre ich verloren gewesen. Nach kurzer Zeit kennst du aber auch viele Abkürzungen und kannst echt schnell unterwegs sein. Das macht dann auch am meisten Spaß.“ Neben dem Geld-Verdienen spricht für den großen Rad-Enthusiasten Julius ganz klar auch der Spaßfaktor für den Job. Durch die Stadt radeln – gerade an lauen Sommerabenden – ist für ihn der perfekte Ausgleich zur Uni. „Viele Fahrer springen im Winter immer ab und melden sich erst im Sommer wieder – versteh ich, denn da macht es einfach am meisten Spaß.“

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote2 – ©Unsplash
Sushi? Beliebte Lieferung bei en Boten. Kann nämlich nicht kalt werden.
© Unsplash

Der faulste Münchner – Julius weiß, wo er wohnt

Wir wissen ja nicht wie es euch geht, aber wir können ganz schöne A… werden, wenn wir Hunger haben. Ob Lieferboten da tendenziell hier und da mal in die Abgründe der münchnerischen Seele schauen? „Mir ist es schon ein paar Mal passiert, dass Kunden ihre schlechte Laune an mir ausgelassen haben. Zum Beispiel, weil ich fünf Minuten später dran war. Oft können die Fahrer aber wirklich nichts dafür. Wenn zum Beispiel das Restaurant einfach voll war und alles dadurch länger gebraucht hat.“ Ausbaden muss es dann aber der, der an der Tür steht. Drei bis vier Kilometer, das ist laut dem Ex-Lieferboten die durchschnittliche Strecke vom Restaurant zum Kunden. Aber es geht auch anders: „Mein kürzester Weg war – ohne Witz – nur eine Haustür weiter“, sagt Julius und muss schmunzeln. „Erst dachte ich, da ist was mit der App nicht in Ordnung, die wir benutzen. Dann da dachte ich kurz, dass das ein Scherz sein soll. War’s aber nicht. Der Typ wollte einfach nicht die Treppen runtergehen. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte er dann auch. Aber kein Problem, er war echt nett. Also alles gut.“

Geheimtippmuenchen Stadtundleute Muenchnerkindl Lieferbote1 – ©Unsplash
Bella Italia in bella Minga – und ein anderer muss strampeln.
© Unsplash

Geheimtipps vom Liefer-Experten

Der Studenten-Italiener, der in München an vier Standorten leckere Pasta und Pizza anbietet – auch für den kleinen Geldbeutel. „Hier lief bei meinen Bestellungen immer alles glatt.“

Direkt an der Isar gelegen mit einer großen Terrasse, ist das Fugazi eine gute Anlaufstelle. Gerade in der Mittagspause sehr beliebt, weiß der Experte.

Julius scheint wohl italienisches Essen zu favorisieren: Das Padrino liegt in Haidhausen und serviert italienische Spezialitäten in familiärer Umgebung.

Und wo sportelt der Fahrradfan sich die Pasta wieder ab? „Auf den Radwegen bis zum Feringa- oder Heimstettener See. Da kann man richtig Gas geben!“

Rumeiern auf Drahteseln

Hättet ihr gedacht, dass bayrisches Essen am wenigstens bestellt wird? Ist aber so. „Häufig bestellen die Münchner dagegen Fast Food.“ Und das ist – zumindest wenn Julius im Sattel sitzt – wirklich „fast“. Denn der Student tritt bei seinem Rennrad richtig in die Pedale. „Viele Kollegen eiern da aber auch wirklich auf richtigen Drahteseln rum – kommt immer drauf an, ob der Anbieter die Räder stellt oder nicht. Ich hatte ein Bisschen die Hoffnung, als ich angefangen hab mit dem Job, dass man wie die Delivery-Guys in den New York Filmen rumcruisen kann und dass durch die Lieferdienste die Bike-Kultur in München wächst. Wobei wir ja hier wirklich dankbar sein können für die Radwege. In anderen Städten sieht das ganz anders aus.“ Julius schaut auf jeden Fall positiv auf die zwei Jahre im Sattel zurück. Sein schönstes Erlebnis? „Mich hat ein Kunde mal auf einen Drink in seinen Garten eingeladen. Da konnte ich ganz entspannt die Sonne genießen bis die nächste Bestellung reinkam. Genau in solchen Momenten hab ich den Job echt gefeiert.“ Und was der Ex-Lieferbote uns Foodies mitgeben kann: “ Habt Verständnis für den Fahrer, der für euch wie der Blitz durch die halbe Stadt jettet. Die meisten geben echt alles, um pünktlich zu sein und euer Essen heile abzuliefern. Nur hängen oft viele Faktoren daran, die sie nicht beeinflussen können. Und wenn doch mal etwas Falsches ankommt oder die Suppe ist ausgelaufen, findet man zusammen mit dem Kundenservice eine Lösung. Bitte einfach nett bleiben, das wäre cool.“ 

Mehr spannende Gesichter aus München? Wir stellen sie euch vor!