Geheimtipp München Community Kolumne Glutenintolerant im Bierstaat Bayern

Biertour Mit Holger Hahn – ©wunderland media GmbH

Wenn man sowohl mehl- als auch milchbehindert ist, wie meine Schwester so liebevoll zu sagen pflegt, kann man sich bayrisches Essen getrost abschminken. Mehl- und milchbehindert steht natürlich für gluten- und laktoseintolerant. Das ist zwar nervig, aber auch nicht weiter schlimm, denn München ist ja eine liberale Stadt und es gibt für wirklich alles Alternativen. Zimtschnecken ohne Gluten bekommt man zum Schwarzmarktpreis einer gesunden Niere bei alternativen Bäckereien. Croissants kann man sich in guter Gesellschaft der Yachtclubbourgoisie und den Lumpengräfinnen mit ihren Pelzkrägen samt Frettchenfratzen und Frettchenärmchen in der „Patisserie Isabella“ kredenzen. Fantastische Pizzen zu einem erschwinglichen Aufpreis (wirklich!), bekommt man beim „Locanda Busento“ kurz vor Hadern und für Kuchen gibt es Zahlreiche Cafés, zum Beispiel das zuckersüße „Café Kaethe“ in Haidhausen. Nach einem Schweinebraten mit Biersauce suche ich zwar noch vergebens, aber mein Vater macht eh den Besten und auch das bayrische Kulturerbe Numero Uno gibt es in Mehlbehindertengerecht. 

Geheimtippmuenchen Cafe The Brother Mill Dz 10 – ©wunderland media GmbH
Einfach mal ne Zimtschnecke? Vergiss es!
© wunderland media GmbH

Der unbesungene Held der bayrischen Intoleranzdemografie …

… ist das glutenfreie Bier von Lammsbräu, erhältlich mit anständigen 4,7% sowie in alkoholfrei. Mit 1,80 kostet es etwa doppelt soviel wie die Konkurrenz, aber das ist mir komplett egal. Ein kleiner Preis für den Hochgenuss, der mir sonst komplett verwehrt bleibt! Ich würde mich nicht wirklich als einen Patrioten bezeichnen, aber wenn es ans Bier geht, hisse ich blau/weiße Rauten und trällere aus vollem Hals Blasmusik. Kein anderes Getränk verleiht mir dieses Gefühl, diese Befriedigung, wenn ich nach einem langen Arbeitstag den Kronkorken mit einem X beliebigen Gegenstand in die Stratosphäre katapultiere und das flüssige Gold, voller herber Zärtlichkeit meine Zunge benetzt. Man bekommt es recht zuverlässig bei jedem Orterer, den meisten Bioläden und spontan beim Kiosk an der Reichenbachbrücke – perfekt um sich mit einem Homie auf ein Bierchen an der Isar zu treffen – zumindest so lang das Wetter gut ist. Ich weiß ja nicht wies euch geht, aber ich persönlich hab wenig Lust mich im Parka an die Isar zu mümmeln wie ein Alaskagrizzly, wenn mich der Durst packt, doch in den kalten Monaten bleibt mir nicht viel Anderes übrig. Denn genau hier, bei dem Lebensmittel, für das wir in der ganzen Welt bekannt sind, um das sich das weltgrößte Volksfest dreht und mit dem jeder Tourist per Hofbräuhausselfie auf Instagram seine Reise verewigt, als wär die Maß unsere Version der Freiheitsstatue, genau das bekomme ich in keiner, einzigen Kneipe in der ganzen Münchner Innenstadt. In Solln gibt es wohl die Glutenfreie „Brauhaus Stubn Solln“. Coole, Sache, Shoutout Solln! Aber wenn ich das meinen Freunden als Location für einen Freitagsumtrug vorschlage, werde ich aus der Whatsappgruppe gekickt, denn keine Sau, die nicht drauf angewiesen ist, fährt für einen Kneipenabend nach Solln. 

Geheimtipp Muenchen Aperol 3
Aperol statt Bier? Unser Gastautor findet: Irgendwann reicht's!

Also hier meine Bitte …

Liebes, tolles, liberales, inklusives und lebenswertes München. Bitte schenk mir eine Kneipe, eine Boazn, eine Studentenbar, wo ich ein glutenfreies Lammsbräu bestellen kann. Ich bin bescheiden und brauch es nicht gezapft, nichtmal aus dem Glas. Stellt einfach zwei Kästen hinten ins Kühlregal, die ich dann artig wegtrinken werde. Versprochen. Ich zahl gerne den Aufpreis, aber ich bin’s leid den ganzen Abend Rotwein zu zischen, ich kann keinen Aperol Spritz mehr sehen und wenn ich nochmal meinen Studentenobulus für ein Glas Sprudelwasser für 4,50 Euro vergeude, während ich auf das Gustl meines Dates glotze wie mein Hund auf mein Rumpsteak, verliere ich jeden Selbstwert. Ich bin ja dankbar, dass es diese Optionen gibt, aber es ist einfach nicht das Gleiche. Es heißt „auf ein Bier gehen“ und nicht „auf einen Kamillentee“. Ist das denn zu viel verlangt?! …

IHR SCHREIBT, WIR POSTEN! Die Geheimtipp München Community Kolumne

Vor kurzem haben wir einen Aufruf bei Instagram gemacht – an alle Textheld*innen und Schreibverrückte: Was bewegt euch? Welche Themen bringen euch dazu, eure Gedanken in Lesestoff zu gießen?! Schickt uns eure Texte! Die, die uns am meisten bewegt haben, posten wir in einem neuen Format; Die Geheimtipp München Community Kolumne. Here we go!

Dieser Text ist von Luis. DANKE Luis für diesen ehrlichen & originellen Text!