Geheimtipp Community Kolumne Von der Verzweiflung über, der Hoffnung für & der Liebe zu: Menschen

Geheimtipp Muenchen Kolumne Menschen

Manchmal frage ich mich, wie vollgepackt und beladen 7 Tage eigentlich sein können. Wenn ich all meine Gedanken und Gefühle aufschreiben würde, die mir in dieser Zeit durchs Hirn schießen, gäbe es keine Bäume mehr und die Papierproduktion würde eingehen. Und dann überlege ich, geht es nur mir so? Mach ich mir allein so einen Kopf oder teilen die anderen Menschen da draußen die gleichen Sorgen, Ängste und Emotionen? In den vergangenen Tagen und Wochen löste der Blick auf die Menschheit in mir ziemliche Panik und Angstgefühle aus. Denn ich realisierte erstmals so richtig deutlich, wie schlecht es um uns alle steht. Plötzlich hatte ich alle Probleme, Belastungen und Katastrophen unseres Planeten auf meiner Brust liegen, auf Herz und Seele und auch ganz schwer und überall im Magen verteilt. Es tat weh, es machte mich panisch krank und ich kam einfach nicht mehr zur Ruhe, auch nachts nicht. Schreien ging nicht, weinen konnte ich nicht und mich mit anderen darüber auszutauschen fiel mir enorm schwer, denn es graute mir davor, all das zu verbalisieren. Aber Shit, genau das ist unser aller Problem, genau daraus besteht der Kern für all das Unheil, das in dieser Welt und zwischen uns Menschen besteht. Wir reden nicht. Und wenn, dann ohne Sinn, ohne Gefühl und ohne Wahrheit. Wir hören nicht zu. Wir lassen keinen ausreden. Wir lügen uns an. Wir stecken uns in Schubladen. Wir kritisieren und machen uns lustig. Wir schlagen und prügeln zurück. Wir lassen uns schlagen. Wir stehlen, zerstören, unterdrücken und töten. Wir weinen, lachen, singen, tanzen, kochen, spielen und schlafen miteinander, doch … wir lieben einander nicht.

Geht es den anderen auch so? Merken die eigentlich, was hier abgeht?

Ich fühl mich nur noch niedergeschlagen …

… bin fassungslos, tieftraurig, verängstigt und des Lebens nicht mehr mutig. Geht es den anderen auch so? Merken die eigentlich, was hier abgeht? Wie stark wir die Natur und uns selbst schänden? Täglich und das verdammt nochmal bereits über Jahrhunderte hinweg! Mir stocken Atem und Herzschlag. Ich kann nicht mehr, ich will das so nicht mehr und ich möchte das für keinen meiner Mitmenschen! Also, was mache ich? Denken an die guten alten Weisheiten, wobei ich mir einen Lieblingssatz meines Vaters herausgreife: „Wo ein Wille ist, mein Kind, da ist auch ein Weg“. Nun gut, dann zerkleinere ich jetzt dieses Chaos an zigtausend Gedanken und Gefühlen, versuche daraus meinen wahren Willen zu entdecken und mach mich auf in die Welt. Klingt garnicht so schwer. Ha, Pustekuchen, es wird nur noch schlimmer. Denn um zu checken, was genau mich jetzt so verletzt, erfordert es eine tiefgehende Auseinandersetzung mit all den stechenden Schmerzen – na, wenn da nicht die warme sichere Kuscheldecke nach einem ruft, so ein Mist!

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Solidarität, Zusammenhalt – gestern mehr als heute?
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Der Decke fremdgehend, setze ich mich ran …

… und schaue mir zum Frühstück, Mittag- und Abendessen eine Nachrichtensendung nach der anderen an, höre auf dem Uni Hin- und Rückweg oder beim Einkaufen Podcasts aus jeglichen Wissenschaftsbereichen, verschlinge ohne Ende feministische Bücher und inhaliere sämtliche Inhalte aus Dokus über Politik, Gesellschaft, Kultur, Natur und Wirtschaft. Ist eigentlich interessanter und spaßiger, als es jetzt klingen mag. Und irgendwo macht es mich auch etwas geil, dieses Ansammeln von Wissen, dieses Verstehen und verstehen wollen. Da! Da ist er ja, der Wille. Okay, ich bin auf dem richtigen Weg. Es geht voran. Doch alle Freude an der Arbeit nimmt auch mal ein Ende. Ganz besonders schlimm ist es, wenn ich abends mit vollem Schädel im Bett liege, die Decke anstarre und all die bösen Gesichter und Schreckensbilder, die ich mir tagsüber reinzog, vor mir habe. Sendungsbilder über: Europawahlergebnis, Aufstieg der AFD, Streitereien aller Parteien, Unterdrückung und Gewalt in Kriegsgebieten, Schandtaten an Frauen und Kindern, der mega EM-Fußball Hype, Massenkonsum, Rassismus, abartige Unverschämtheiten gegenüber LGBTQIA*, die Vernetzungsmittel und Beziehungen zwischen Rechtsextremisten, Kirchenmitgliedern und

Abtreibungsgegnern sowie deren Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, Ressourcenknappheit, das medial verbreitete „dicker Po – schmale Taille – fette Titten“ Idealbild und die damit einhergehenden mentalen und physischen Störungen,… Es hört einfach nicht auf und es wird nicht weniger. Früher zählten wir noch flauschige, lächelnd springende Schäfchen, jetzt kugelt ein harter dunkler Stein nach dem anderen über unsere vertrocknete Wiese. Und wieder dieses Schweregefühl auf meinem Körper, wieder die Angst in meinem Herzen und die Anspannung in meiner Seele. Wie soll man da einschlafen können?

Nach genervtem Einatmen und betrübtem Ausatmen kommt mir nur noch eines in den Sinn… der Vibrator in der Schublade.

Also muss noch irgendeine Ablenkung her, irgendein Mittel zum Abschalten …

Lesen, aber meine Augen brennen schon. Musik oder Podcast hören, aber meine Ohren glühen schon. Eiscreme essen, aber dann muss ich wieder aufstehen. Nach genervtem Einatmen und betrübtem Ausatmen kommt mir nur noch eines in den Sinn… der Vibrator in der Schublade. Herrlich, göttlich, einfach wohltuend, wie Wickie, der einen Aha Moment erlebt. Dafür sind Schubladen doch da, für Freude und Entspannungsschenkende Mittel und nicht für Menschen!! Ich zähle zu denjenigen, die sich wirklich gerne selbst spüren und berühren. Diese tiefen Momente, die man nur für sich hat. Diese Hitze, die einem durch alle Körperteile strömt und diese vollkommende Hingabe, ein wahrer Blutrausch. Das mit anderen zu teilen, darf in meinem Fall nicht fehlen. Ich liebe es, mit meinem Gegenüber die völlige Verschmelzung zu erleben und ich liebe meinen Körper dafür, dass er in der Lage ist, mir diese friedvolle Energie zu geben. Soll nicht heißen, dass ich mich an jedem vergangenen Abend selbstbefriedigt habe. Hier und da fehlte auch mir die Kraft dazu. Aber in so mancher Abendstunde war es das perfekte Einschlafmittel. Am nächsten Morgen bleiben mir die aufgelisteten Weltprobleme weiterhin genau vor Augen, doch nehme ich nach jedem neuen Aufstehen und mit jedem neuen Tag eine innere Veränderung in mir wahr. Ich verstehe plötzlich was, ich spüre, wie ich der Erkenntnis immer näherkomme und das löst merkwürdigerweise Unruhe in mir aus. Ich begreife, was ich will, wo mich mein Weg hinführt und was das ist, was mir so schwer auf dem Herzen liegt. Ich glaube, ich habe meinen Willen gefunden.

Liebe auf den ersten Blick für einander und für‘s Board. – ©wunderland media GmbH
Liebe = Mangelware?
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Ich habe feststellen müssen, dass es uns allen …

… an Liebe mangelt. Vor unserer Tür, in unseren Häusern und Wohnungen, im Straßenverkehr, in Einkaufsgeschäften, zwischen Wäldern und Feldern, nirgends ist Liebe vorhanden. Nirgendwo herrscht sie in ihrer ehrlichsten und reinsten Form. Wir haben sie vernichtet und damit haben wir uns selbst dermaßen in die Kniee geschossen, ein Wunder, dass überhaupt noch irgendwas läuft. Wir lieben uns nicht. Wir lieben nur uns selbst. Ja logisch, wird einem ja auch seit Jahren so eingetrichtert. „Liebe zuerst dich selbst! Es ist dein Leben! Du allein bist die Hauptrolle!“. Was mich so unfassbar wütend dabei macht, ist der ganze Leistungsdruck, der dahintersteckt. Hinter unserem ach so perfekt modernem Gesellschaftssystem. Wir knechten uns jeden Tag ab, wir ackern für unser eigenes Geld, denn Teilen geht ja mal garnicht. Wir dürfen keine Fehler mehr machen und wir bekommen keine allzu lange Zeit für die Verarbeitung von Verlusten, von Trauer oder generell von Gefühlen, denn keine Zeit und Zeit ist ja Geld, also müssen wir funktionieren. Ist das die Freiheit? Eine Freiheit ohne Platz für Emotionen, eine Freiheit ohne Platz für den anderen. Also eine Freiheit ohne dich und mich. Freiheit ohne Liebe.

Ich will dich, uns, ein wir und kein „hey, guck dir mal die da an!“.

Ich habe den tiefen Wunsch …

… ja ein unfassbar großes, leidenschaftliches Verlangen danach, Liebe zu geben. Das ist mein Wille. Ich will Liebe teilen, ich will gemeinsames Strahlen und Wärmen. Ich will dich, uns, ein wir und kein „hey, guck dir mal die da an!“. Ich will die Liebe für alle, ich will sie in ihrer prachtvollsten, buntesten, ehrlichsten und wärmsten Gestalt. Annette Droste-Hülshoff sagte einst: „Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen“. Genauso fühle ich. Es braucht für mich keine Worte, denn viel zu oft verletzten diese nur. Jedenfalls die Worte, die in unseren aktuellen Weltsprachen vorhanden sind. Nein, ich will, dass unsere Herzen und Körper miteinander sprechen, dass sie sich lieben, gut behandeln und wertschätzen. 1+1 ist für mich nicht gleich 2. Nein, bei mir bleibt jede 1 einzigartig. Es ist 1 Kugel, auf der wir leben. Es ist 1 Puzzle, das aus allen 1sen zusammengesetzt ist. Für mich sind alle Menschen gleich viel und wenn ich ehrlich bin… ich liebe sie!

IHR SCHREIBT, WIR POSTEN! Die Geheimtipp München Community Kolumne

Vor kurzem haben wir einen Aufruf bei Instagram gemacht – an alle Textheld*innen und Schreibverrückte: Was bewegt euch? Welche Themen bringen euch dazu, eure Gedanken in Lesestoff zu gießen?! Schickt uns eure Texte! Die, die uns am meisten bewegt haben, posten wir in einem neuen Format; Die Geheimtipp München Community Kolumne. Here we go!

Dieser Text ist von Antonia. DANKE Antonia für diesen ehrlichen, nachdenklichen Text!