Vielleicht gehört ihr wie wir zu den Münchner*innen, die ein großes Herz für Vierbeiner haben und habt die News schon gehört: Das Tierheim München ist gerade ziemlich an seiner Kapazitätsgrenze. Wir haben Kristina vom Münchner Tierheim im Zuhause (auf Zeit) für viele Vierbeiner besucht. Sie hat uns nicht nur das großzügig angelegte Gelände gezeigt, sondern auch die Geschichte zu einigen der Findelkinder erzählt. Kommt mit uns und lest über die wichtige Arbeit des Teams vor Ort und was ihr vielleicht selber tun könnt, um zu helfen!
Schon seit über 70 Jahren gibt es das Gelände des Tierheims, – ausgebaut wird es aber nach wie vor. Gerade entsteht ein neues Hundehaus. Die, die bereits da sind, reichen einfach nicht aus – zurzeit sind rund 1000 Tiere in der Obhut des tollen Teams, das aus rund 60 Tierpfleger*innen und 60 direkten Tierheim Mitarbeitenden (Tierärzt*nnen, Hausmeister, Verwaltungsmitarbeiter*nnen, Wäschereimitarbeiter*nnen etc.) besteht. Viele davon natürlich auch ehrenamtlich. Wenn wir von über 1000 Tieren sprechen, geht es natürlich nicht nur um die Vierbeiner, die wir gerne zu unseren besten Freunden machen, – also Hunde. Auch wenn das vielleicht das Erste ist, was einem in den Sinn kommen mag, wenn man so ans Tierheim denkt. Darunter sind natürlich genauso Kaninchen, Mäuse, Hofbewohner wie Hähne oder Ziegen, Katzen, Vögel, Igel… die Liste ist lang. Und die Geschichten teils schwer zu glauben. Neben der Tatsache, dass der Sommer anscheinend der Monat ist, in dem am meisten Tiere ausgesetzt werden (müssen ja auch viele in den Urlaub fahren), werden auch am wenigsten aufgenommen. Corona hat auch da jetzt nicht unbedingt geholfen: Der illegale Welpenhandel boomt, – die Quarantänestation, die an die hauseigene Tierarztpraxis angeschlossen ist, ist eigentlich schon überfüllt. Und die Polizei liefert regelmäßigen Nachschub. Allerdings nicht nur aus dem Ausland, sondern auch aus dem Inland. Seltsame Fälle wie der von den 400 Mäusen, die in einer Privatwohnung sichergestellt wurden. Verrückte Welt.
Zuerst zeigt uns Kristina, die bereits seit vielen Jahren im Team ist, die Kleintiere. Die flauschigen Kaninchen, die frechen Meerschweinchen, die kunterbunten Vögel, niedliche Degus und mehr haben hier ein liebevolles Übergangszuhause gefunden – die großen Gehege und Käfige sind ausgestattet mit allerhand Spielmöglichkeiten und Abwechslung. Es herrscht reges Treiben, aus jeder Ecke gucken uns große, neugierige Kulleraugen an. Rund 160 Kaninchen und 40 Meerschweinchen warten hier aktuell auf eine Chance auf einen glücklichen Neustart. Und am liebsten würden wir sie alle einpacken …
Wir haben natürlich auch gefragt, wie wir und ihr dem Tierheim jetzt und in Zukunft etwas Gutes tun könnt – damit all die Tiere die Möglichkeit auf ein erfülltes Leben haben, auch wenn sie noch kein Zuhause gefunden haben. Kristina hat uns folgendes mit auf den Weg gegeben:
Weiter geht es für uns in eins der Hundehäuser. Auch hier ist die Neugierde groß, wer die Fremden sind, die sich ungefragt eingeladen haben. Teils schüchtern, teils aufgeregt gucken uns die überwiegend größeren Hunde an, bellen oder wedeln mit dem Schwanz. „Das Problem ist, dass die Anfänger-Hunde immer gleich weg sind – und der Rest oft und leider zum Dauersitzer wird. Viele haben einfach schon eine Vorgeschichte und die Hunde kommen zu uns, wenn die Fehler schon passiert sind.“ Wobei mal wieder festzustellen ist, dass kein Hund einen bösen Charakter hat – es sind die Menschen am anderen Ende der Leine, die dem Wesen dieser feinfühligen Tiere einen Knacks verpassen. Kristina würde sich wünschen, dass die Interessenten sich mehr zutrauen und auch Verantwortung übernehmen wollen für ein Tier, das Zeit, Erziehung und Bestimmtheit braucht. Genau wie Verständnis und Liebe. Ein Tier, egal ob Hund, Katze oder Kaninchen, das Makel hat und nicht perfekt ist. Besucher, die sich im Tierheim nach einem neuen Mitbewohner umschauen, können an den Karten an den Glastüren Abgabegrund und Bedingungen für die Haltung nachlesen. Ist das Tier verträglich mit Kindern? Braucht es viel Freilauf? Warum wollten es die Vorbesitzer nicht mehr? Aber mindestens genauso wichtig wie das Lesen ist das Fragen. Denn wer die einzelnen Geschichten hört, der liest nicht mehr einfach nur „Abgabegrund: Hat gebissen“, sondern sieht eventuell auch, dass das Tier misshandelt wurde und aus Überforderung gebissen hat. Wo wir wieder beim anderen Ende der Leine wären…
Zum Tierheim gehört außerdem ein eigener Gnadenhof, der Platz für alle diejenigen hat, für die man wenig Hoffnung auf ein neues Heim hat, die aber ihre letzten Tage in schönst möglicher Atmosphäre verbringen dürfen. Auch hier gibt es aber nach wie vor noch die Möglichkeit auf Vermittlung.
Ihr findet nachts einen Streuner auf der Straße? Und könnt das Tier alleine nicht handeln oder habt keine Möglichkeit, es erst mal mit nach Hause zu nehmen? Die Polizei hilft: Einmal gerufen gibt es für sie einen eigenen Raum im Tierheim, zu dem sie auch nachts Zugang haben und in dem sie die Tiere beruhigt lassen können, damit sie in Sicherheit sind.
Sogar Tauben haben wir bei unserem Rundgang entdeckt. Kristina hat uns erklärt, dass sich das Tierheim dem Augsburger Stadttaubenkonzept angenommen hat und einen eigenen Taubenschlag hat. Das Augsburger Modell ist ein tierschutzgerechtes Konzept zur Regulierung und Reduzierung der Stadttauben zum Wohle von Mensch und Tier. Außerdem landen Tauben mit Verletzungen oder ähnlichen zur Versorgung im Tierheim.
An hübschen Hähnen und einem verschmusten Aron vorbei, statten wir auch dem modernen Katzenhaus noch einen Besuch ab. Dasselbe Spiel. Zwischen Neuankömmlingen, die eine realistische Chance auf eine baldige Weitervermittlung haben, warten Sorgenkinder teilweise schon jahrelang auf familiären Anschluss. Kristinas persönliches Sorgenkind ist Sony (s. untere Bildreihe ganz links). Der Europäische Kurzhaar-Kater ist bereits 11 Jahre alt und eigentlich wahnsinnig anschmiegsam, menschenbezogen und verspielt. Aber er hat eben einen eigenen Kopf – und das weiß er auch zu zeigen. Im Idealfall findet ein*e Katzenliebhaber*in, die/ der noch keine anderen Tiere und auch keine Kinder hat, Gefallen an dem lieben, aber eigenwilligen Kater und schenkt ihm noch ein paar schöne Jahre in einem ruhigen Zuhause, das in verkehrsarmer Gegend liegt, damit der Hübsche seine Freiheit zurückbekommt. Also falls das hier jemand liest, der sich schon lange einen männlichen Mitbewohner wünscht, der keine Widerworte gibt – ihr habt ihn soeben gefunden!
Unsere letzte Station sind die (durchaus geruchsintensiven, aber ziemlich goldigen) Igel. Natürlich holen wir uns bei der Gelegenheit direkt ein paar Profi-Tipps für den richtigen Umgang beim Igelfund, die ihr im Anschluss an diesen Absatz nachlesen könnt. Das Ende unserer ausführlichen Führung durch das Tierheim stimmt uns nachdenklich und wir gehen mit gemischten Gefühlen. Die Schicksale der wehrlosen Erdbewohner machen uns traurig und lassen uns ehrlicherweise auch ein kleines Stück weit an dem Gewissen der Menschen zweifeln – auf der anderen Seite ist es unheimlich schön zu sehen, mit wie viel ehrlicher Zuneigung, geduldiger Freude und endloser Mühe sich hier um die Tiere gekümmert wird. Wir können uns Kristinas Appell eigentlich nur anschließen und euch bitten, ihn zu teilen: Bevor ihr euch ein Tier zulegt, überlegt euch, ob ihr wirklich genug Zeit, Kraft, finanzielle Mittel und Geduld habt, um es zu erziehen und ihm das Leben zu ermöglichen, dass es verdient hat. Seid ihr euch dessen sicher, dann bucht euch erst einmal einen Termin beim Tierheim und lernt die Tiere kennen, bevor ihr euch nach Züchtern umschaut. Und wenn ihr euch in eins davon verliebt, dann gebt euch beiden die Zeit, euch gegenseitig an die Macken des anderen zu gewöhnen. Ist auch nichts anderes als in einer Beziehung, von der man sich wünscht, das sie ein Leben lang hält. Ihr werdet sehen: Wenn euer neuer Kompagnon erst mal aufblüht, die Unsicherheit abfällt und er oder sie Vertrauen gewinnt, dann wartet eine Zeit voller wunderbarer Überraschungen auf euch. Und vielleicht seid es ja dann ihr die die (Leidens)Geschichte eines dieser Tiere umschreibt und sie mit einem Happy End krönt. Denn manchmal ist man eben doch selbst verantwortlich für die schönsten Geschichten im Leben …
Wenn ihr einen kleinen Igel in eurem Garten, im Wald oder im Park findet und ihr Sorge habt, das mit ihm etwas nicht stimmt, gibt es folgende Tipps: