Verlorene Goldfische, Fernseher & Rollstühle Was wir Münchner alles in der S-Bahn vergessen

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Während Merve Efe einen silbernen Alu-Koffer zum Schalterfenster trägt, fängt der Mann an der anderen Seite bereits an zu strahlen. Er hat seinen verlorenen Koffer wieder bekommen – und Merve einen Menschen glücklich gemacht. Merve arbeitet für die Deutsche Bahn und kümmert sich am Hauptbahnhof um die Fundsachen. Viele davon kommen aus den Münchner S-Bahnen. Was Fernseher, ein Rollstuhl und Goldfische gemeinsam haben? Das sind nur einige von vielen skurrilen Gegenständen, die bereits im Fundbüro abgegeben wurden. Wir durften Merve und ihrem Kollegen Peter Mühlebach einen Tag über die Schultern schauen und haben dabei ganz schön viele Dinge entdeckt, bei denen wir uns gedacht haben: Wie kann man das denn bitte verlieren!

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Wer Merve sucht, findet sie hinter dem Fundbüro Schalter am Hauptbahnhof.
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An ihrer Seite: Peter Mühlebach, der schon seit 49 Jahren für die Deutsche Bahn arbeitet.
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Merve und die Detektive

Wir gehen entlang der gefüllten Regale mit den Fundsachen und sind erstmal am Staunen. Nicht nur die Verlust-Klassiker wie Koffer und Taschen liegen hier, sondern auch Yogamatten, Gitarren und KOMPLETTE Trachtenoutfits. Sogar ein Fahrrad steht in der Ecke. Teils kuriosen Sachen haben sich hier angesammelt und warten auf ihre Besitzer. Maximal sieben Tage werden die Gegenstände gelagert. Merve und ihre Kollegen des DB-Fundbüros versuchen in dieser Zeit den Eigentümer aufzuspüren. Das erfordert auch schon mal detektivische Arbeit. „Um dem Fahrgast zu helfen, versuche ich so viele Informationen wie möglich zu finden, die uns zu ihm führen könnten“, erzählt uns die junge DB-Mitarbeiterin und zeigt auf einen Koffer, an dem ein Kärtchen mit Name und Adresse hängt. Jetzt kann sie den Fund einfach ins System eintragen. Doch so leicht wird es ihr natürlich nicht immer gemacht. Wenn sich weder Name, noch Adresse zuordnen lassen, vergleicht Merve das Fundstück mit den Verlustmeldungen. Findet sie auch dann keinen Besitzer,  schickt sie die Sachen nach sieben Tagen Lagerzeit in das zentrale DB-Fundbüro in Wuppertal. Meldet sich dort nach vier Wochen auch kein Besitzer, wird das Stück versteigert.

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Lustig und spannend wird es beim Öffnen der Koffer

Neugierig schauen wir uns weiter um und entdecken hunderte kleiner und großer Fundsachen, die sich innerhalb von nur einer Woche hier angesammelt haben. Für uns ist das irgendwie eine andere Version von Harry Potters Raum der Wünsche … Ein Karton voller Tablets, eine große Tasche mit bemalten Leinwänden und natürlich zig Mobiltelefone und Geldbeutel. Dass diese Gegenstände nicht sofort vermisst werden? „Es werden gefühlt nur 50 bis 60% abgeholt oder von uns verschickt, wenn wir den Eigentümer ermitteln konnten“, sagt Merve. Langeweile ist in Merves Beruf ein Fremdwort, denn fast im Minutentakt trudeln neue Fundstücke bei ihr ein. Schätzungsweise zwei Drittel der Fundsachen kommen dabei von der S-Bahn München. Das überrascht nicht, transportiert die S-Bahn ja täglich bis zu 840.000 Fahrgäste im Münchner Netz. Das Spannendste und oftmals auch Lustige passiert dann, wenn Merve und ihre Kollegen die Koffer durchsuchen müssen: „Einmal haben wir einen Koffer voll mit Love Toys, Dessous und Peitschen gefunden“ erzählt Merve schmunzelnd. „Der Besitzer hat sich natürlich nie gemeldet.“ Ein anderes Mal wurde ein herrenloser Rollstuhl abgegeben. Dieser und die Gebisse sind Merve bis heute die größten Rätsel.

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Wem ist wohl dieses Fahrrad aus der Tasche gefallen?
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Tierisch was los

Mit Rätselhaftem kennt sich auch ihr Kollege Peter Mühlebach aus. Ganze 47 Jahre arbeitet der nämlich schon für die Deutsche Bahn und hat natürlich in dieser Zeit schon eine ganze Menge an verrückten Fundsachen entdeckt. „Das war schon vor langer Zeit, aber es wurde tatsächlich mal ein Beutel mit Goldfischen abgegeben“, erinnert er sich amüsiert. Den Fund von drei Kaninchen in einem der Schließfächer fand er da schon weniger lustig, dafür umso kurioser: „Wir konnten nie den Besitzer herausfinden, aber eine fürsorgliche Kollegin hat sie zu sich genommen.“ Nun muss sich Peter aber wieder seinem PC zuwenden – soeben wurde ein Handy abgegeben. Diesen Fund trägt er sofort in das System ein und zwar so detailliert wie möglich. Denn so erhöht sich die Chance, dass es bei einer Anfrage auch von den Kollegen gefunden und ausgehändigt werden kann

Die große Dankbarkeit ist Motivation pur

Die schönsten Momente für die Mitarbeiter des Fundbüros sind die, wenn sie verloren geglaubte Wertsachen dem Besitzer zurückgeben können. „Die Dankbarkeit, die uns die Leute entgegenbringen, das motiviert uns echt jeden Tag aufs Neue und macht uns glücklich“, resümiert Merve. Das motiviert sie natürlich stetig, weshalb sie auch immer wieder aufs Neue die Verlustmeldungen mit den Fundsachen im Lager vergleicht. Natürlich auch während unseres Besuchs. Und siehe da: die Beschreibung des grünen Koffers passt genau zur Meldung! Der Besitzer konnte ermittelt werden. In solchen Momenten empfindet sMerve die pure Freude, das merken wir ihr deutlich an. „Es ist das schönste Gefühl, wenn ich jemanden gefunden habe.“ Kurze Zeit später dürfen wir miterleben, wie der Besitzer seinen grünen Koffers erleichtert und dankbar in Empfang nimmt: „Oh Dankeschön! Ich bin so froh, dass es Sie gibt. Hoffentlich hören Sie das ganz oft!“

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Oft bekommen Merve und ihr Team Geschenke von dankbaren Fahrgästen – meist ist es Schokolade.
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Mehr Geschichten hinter den Kulissen GIBTS IM S-BAHN MÜNCHEN MAGAZIN

Das 530 km lange Bahnliniennetz der S-Bahn München ist eines der größten in Deutschland. Dabei bringen sie jeden Tag 840.000 Münchner von A nach B. Mit im Gepäck: Unzählige unerwartet spannende und schöne Geschichten!

Was passiert zum Beispiel, wenn der Lokführer mal auf´s Klo muss? Was erlebt eine S-Bahn an einem ganzen Tag und wie sieht ihr XXL-Wellness-Programm im Werk aus? Wie funktioniert das System, mit dessen Hilfe sich Blinde sogar an den trubeligsten Bahnhöfen zurechtfinden? Das und noch viel mehr Insiderwissen könnt ihr im S-Bahn München Magazin entdecken.

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Vorne Merve, hinten Fundsachen der letzten sieben Tage.
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Typisch München? Davon gibt es einiges!