Wie oft ertappt ihr euch dabei, dass ihr blind durch die Stadt lauft? Das Handy piept in einer Tour, die U-Bahn müsst ihr schnell erwischen und dann müsst ihr auch noch zu drei verschiedenen Bäckern rasen, weil offensichtlich heute ganz München Gelüste nach einer frisch gebackenen Brezn hatte. Und? Na, lasst uns raten: Ihr ertappt euch oft. Wir kennen das. Wir haben unseren Blick zwar geschärft, unsere Spürnase ist trainiert – und wir schaffen es zumindest an jedem Schaufenster, das für uns wie ein Geheimtipp aussieht, ein hektisches Foto zu machen. Aber was ist mit der natürlichen Schönheit unserer Stadt: Den versteckten Ecken, den geheimnisvollen Nischen, den erzählenswerten Denkmälern? Den mystischen Figuren, den hochtrabenden Straßennamen, den farbenfrohen Kunstinstallationen? All jene übersehen wir gerne in der Hektik des Alltags – deswegen nehmen wir uns jetzt Zeit. Zeit, diese erklärungsbedürftigen Monumente zu entdecken und euch davon zu berichten. In diesem Sinne: Willkommen zu unserer neuen Rubrik – München Wissen.
Gekommen ist uns die Idee, als wir im September nach einem entspannten Arbeitstag in der Sendlinger Straße auf ein Feierabend-Bierchen saßen. Die Sonne schien, die Schaumkrone auf dem kühlen Blonden lachte uns an und der Obazda schmeckte fabelhaft. Also alles so, wie es sein soll. Auf einmal erspäht einer von uns eine seltsame Figur über dem Juwelier Fridrich, der seinen Laden Ecke Hermann-Sack-Straße hat. Jetzt laufen wir da wirklich oft vorbei – aber dieser kleine Musikant ist uns tatsächlich bis jetzt entgangen. Vermutlich weil wir nicht nach oben gucken beim Laufen, sondern auf unser Smartphone Display. Wir werden also neugierig: „Was macht der da? Wofür steht er? Wenn uns der noch nie aufgefallen ist – wie viel haben wir noch übersehen?“ Gute Frage, nächste Frage. Aber wir werden es herausfinden.
Ihr wolltet schon immer wissen, was ein gewisser Straßen-Name bedeutet? Wer für die seltsame Figur in eurer Hood verantwortlich seid? Oder habt selber eine spannende Geschichte zu etwas in eurem Stadtviertel zu erzählen? Wir hören euch zu – und sind neugierig. Lernt mit uns die Stadt noch besser kennen und werdet zum München-Gscheidhaferl. Wir freuen uns auf eure Einsendungen!
Aber zurück zu dem kleinen Männlein im güldenem Gewand. Seine Geschichte ist folgende: Während der Olympischen Sommerspiele, die im Jahr 1972 in München abgehalten wurden, stiftete der Traditions-Juwelier den Einheimischen und ihren Gästen ein kleines Glockenspiel. Auch heute erklingt zu jeder vollen Stunde eine wechselnde Melodie, zu der getanzt wird. Also nicht von uns (obwohl – könnte man auch mal probieren), sondern von dem in gold gefassten Moriskentänzer. Wisst ihr was das ist? Klar, dachten wir uns, ist ja auch typisch für München. Für alle, die es nicht wissen – don’t worry, we got you. Die Moriskentanzart fand im 15. Jahrhundert ihren Weg vom fernen Nordafrika nach Deutschland. Dank ihrer erheiternden Luftsprünge und ihrer seltsamen Verrenkungen gehörte sie damals zu einer der beliebtesten Volksbelustigungen. Der anerkannte Bildhauer Erasmus Grasser, der auch unseren kleinen Freund an der Sendlinger Straße geschnitzt hat, schnitzte im Jahr 1480 noch zahlreiche weitere Figuren. Zehn davon sind heute noch erhalten und können im Stadtmuseum bewundert werden – wo sie übrigens zu den kostbarsten Besitztümern gehörten. Na, heute wieder was gelernt?