München-Geheimtipps mit dem Radl entdecken – Frühlingshafte Tagestour durchs Glockenbach

Wenn die Tram auf dem Weg in die Arbeit auf einmal überraschend leer ist und die Straßen mit den Schmährufen wütender Autofahrer gefüllt sind, die über die Radlrowdys fluchen, wissen wir: Es ist endlich wieder Zweirad-Saison! Und da das Fahrrad unser liebstes Fortbewegungsmittel ist, wenn es darum geht, die Stadt zu erkunden, machen wir uns eines mittwochmorgens auf, um genau das zu tun und mehr oder weniger bekannte Hotspots aufzuspüren. Mit unserer Kamera und jeder Menge Entdeckerlust im Gepäck schwingen wir uns auf unsere Drahtesel, die uns bequem ins Glockenbachviertel transportieren.

Wir starten mit einem Laden, von dessen Sorte es für uns nicht genug geben könnte. In der Wohnpalette findet ihr laut Claim „Lampen & mehr“ und damit haben Anna und ihre Mutter, die den Laden gemeinsam betreiben, nicht zu viel versprochen. Neben kunterbunten Hänge-, Tisch- und Stehlampen sind die Regale mit handbemalter Keramik aus Portugal, farbenprächtigen Körben aus Afrika, verzierten Kissen aus Peru, gewebten Teppichen aus Indien und wunderschönen Spiegeln aus Marokko gefüllt. Uns fällt es schwer, hier nicht in einen Shoppingrausch zu verfallen und von allem etwas mitzunehmen, denn das hier sind keine Dinge, die man braucht, das sind Dinge, die man einfach haben MUSS! In weiser Voraussicht halten wir uns zurück, denn wir sind ja noch den ganzen Tag unterwegs und müssten sonst kiloweise Tüten mitschleppen.

Weiter geht’s ins nächste Shoppingparadies, das sich nur ein paar Türen weiter befindet: Der Second-Hand-Laden Capricorn Store. Wer hier jetzt Kleiderhaufen zum Durchwühlen und alte Klamotten zu Schnäppchenpreisen erwartet, den müssen wir leider enttäuschen, denn an den Kleiderstangen hängen hier nur ausgewählte und fein selektierte Teile. Vintage-Liebhaber*innen finden hier Kleider von &Other Stories und Blusen von Zara, aber auch mal eine Jeans von Acne oder eine Tasche von Prada. Ladenbesitzerin Stephanie, die früher als Modejournalistin gearbeitet hat und von Sternzeichen natürlich Steinbock ist, wählt jedes einzelne Stück, das es in ihren Store schafft, selbst aus. Bei den Klamotten achtet sie präzise darauf, dass sie in einem Top Zustand und so gut wie neu sind. Die First-Hand-Auswahl reicht von regionaler Kosmetik von „I want you naked“, Schmuck und Postkarten von „Ute Arnold“ und veganen und schadstofffreien Nagellacken von „Nailberry“.

Unser kleiner Shoppingtrip, der viel mehr eine Stöber-Reise war, hat uns ganz schön hungrig gemacht. Die Uhr zeigt 12:30 Uhr an – Lunchtime also! Von der Reichenbachstraße geht es geradeaus über den Gärtnerplatz in die Rumfordstraße, wo der nächste Hotspot auf unserer Liste auf uns wartet. Das japanische Restaurant Ukiyo hat im September letzten Jahres eröffnet und startete vor Kurzem mit einem neuen Lunch-Menü, das wir natürlich gleich testen müssen. Wir vertrauen auf die Empfehlung des Hauses und gönnen uns zu unseren Bento-Boxen vom Mittagsmenü noch Sushi mit Thunfisch, frittierter Garnele und Avocado-Trüffel-Creme als Topping. Alles schmeckt hervorragend und trotz der gut gemeinten Portionen sind wir zwar ausreichend gesättigt, fühlen uns aber nicht träge. Das liegt daran, dass die klassischen japanischen Gerichte im Air Fryer, ganz ohne Fett zubereitet werden, wie uns Inhaberin Isi nach dem Essen verrät. Gemütlich schlürfen wir noch unsere Drinks aus, bevor es wieder auf die Reise geht.

Zeit für ein bisschen Kultur und ein echtes Münchner Original: Der Plattenladen Optimal Records in der Kolosseumstraße, gleich neben einem unserer Food-Favoriten, dem Madam Anna Ekke. Hier holen wir uns zwischen neuen und alten Hits bekannter Musikgrößen und Newcomer*innen den Soundtrack für unsere sommerliche Radl-Tour durch’s Glockenbach ab. Unsere Wahl fällt auf „Jealousy“ von Club Nouveau – ein Funk-Hit aus dem Jahr 1886, der uns mit guten Vibes in den Ohren zur Weiterfahrt motiviert. Musikfans können sich im kultigen Plattenladen durch Unmengen an Vinyls hören oder durch die Buchabteilung stöbern. Zum Hör- oder Lesevergnügen kann man sich hier dann gleich auch noch eine Flasche Wein mitnehmen – für einen gemütlichen Abend auf dem Sofa.

Gegen 16 Uhr fällt uns plötzlich auf, dass wir heute noch gar keinen Kaffee hatten. Das geht für Coffee-Lover wie uns natürlich gar nicht und deshalb machen wir uns zu einem Spot auf, den wir sowieso schon lange mal auschecken wollten. Vorbei an prächtigen Altbauten und Grünflächen, über romantische Kopfsteinpflasterstraßen geht’s zum Coffeeshop Yellowcup. Hier könnt ihr den leckeren Specialty Coffee, der schonend geröstet wird, direkt vor Ort genießen oder euch eine Packung des schwarzen Goldes mit nach Hause nehmen. Die Philosophie des Shops besteht darin, Kaffee wie Alkohol als Genussmittel wahrzunehmen und ihn nicht nur zum Frühstück für den schnellen Koffeinkick wegzuhauen. Ganz nach dieser Einstellung setzen wir uns mit einem Franzbrötchen, einem Cappuccino und einem Iced Latte von höchster Qualität vor die Tür und genießen einfach nur.

Ganz neu im Glockenbach angesiedelt hat sich die Weinbar Blaue Libelle. Zwischen ihren neuen Nachbarn, dem SAX und dem Café Nil macht sie sich bisher ganz gut, denn das Konzept wird sowohl von den Gästen als auch von den altbewährten Viertel-Größen gut angenommen. Warum? Das müssen wir natürlich selbst herausfinden! Ayoub, Maxi & Robert haben es geschafft, im Herzen Münchens eine Oase zu schaffen, in der wir durch gute Weine, Wohlfühl-Raumduft, House Beats und mediterrane Speisen in eine gehobene Strandbar ans blaue Mittelmeer versetzt werden. Die Gerichte werden alle in Vorspeisengröße serviert, sodass wir uns ganz nach dem Sharing-Prinzip durch Linsensalat, gebackenen Blumenkohl, frittierte Meeresfrüchte und eine große Auswahl an verschiedenen Dips probieren können. Ein gelungener Abschluss für einen sonnenreichen Tag im Glockenbach.

Wer uns kennt, weiß, dass wir den Tag natürlich nicht ohne einen guten Drink beenden können. Der Himmel färbt sich zu später Stunde langsam rosa, es ist noch warm genug, um ohne Jacke draußen zu sitzen und so machen wir es uns am letzten freien Tisch vor der Frau Bartels Bar gemütlich, um den Abend ausklingen zu lassen. Auch wenn es drinnen durch die Ledersofas, rustikalen Holztische und Zimmerpflanzen total gemütlich ist, sind die Plätze heute leer, weil sich alle im kleinen Schanigarten tummeln. Bei einem Aperol Sour mit cremiger Eiweißhaube und einem „Frühlings Sprizz“ mit Gurke, Limette, Minze und Kamillenblüte lauschen wir noch ein wenig den freudetrunkenen Gesprächen an den Nebentischen und planen schon unsere nächste Radltour durch München.