Unsere Autorin ist schon lange auf der Suche nach authentischer, italienischer Küche. Als Halbsizilianerin sind ihre Ansprüche sehr hoch und wurden bisher – leider – nie erfüllt. Seit sie das sizilianische Restaurant Trinacria besucht hat, hat sich das geändert. Dank Inhaber und Koch Roberto Careri ist sie ein glücklicherer Mensch und hat endlich einen Ort gefunden, an dem sie sich in ihre zweite Heimat schlemmen kann. Wie Sizilien so schmeckt? Vieni con noi!
Unser Herz macht einen großen Hüpfer, als wir den kleinen Feinkostladen „Trinacria – der Sizilianer“ betreten. Gerade noch in Haidhausen spazieren gewesen, fühlen wir uns sofort in eine Bar in Italien gebeamt. Im Feinkostladen, den Roberto Careri seit 2008 betreibt, entdecken wir kleine Tische mit buntem Majolika Fliesenmuster; viele beschriftete Schiefertafeln, die auf einer Wäscheleine mitten im Raum hängen, italienischer Nippes und überall ausgewählte Feinkostprodukte. Im Hintergrund läuft der römische Radiosender „Radio Capital“, es duftet nach frisch gemahlenem Kaffee und feiner Pasta. Überall ist das Symbol für Sizilien – der Kopf mit den drei Beinen – zu sehen. Trinacria heißt es und ist gleichzeitig auch der alte griechische Name Siziliens.
Wir werden herzlich von Roberto begrüßt. Der unverkennbare, sympathische italienische Akzent verstärkt unser Gefühl, sich nicht mehr in Deutschland zu befinden. Auf den Schiefertafeln an den Wänden stehen die beiden Gerichte des heutigen Tages. „Früher haben wir es auf italienisch geschrieben und den Gästen an den Tischen genau erklärt was sie erwarten dürfen“, erzählt uns der gelernte Koch aus Palermo. „Seit Corona hat sich das geändert, nun stehen die Gerichte auf deutsch an der Tafel.“ Roberto kocht jeden Tag frisch, ein vegetarisches Gericht und eines mit Fisch oder Fleisch. Nicht immer sind es rein sizilianische oder italienische Speisen, sondern eine kreative Mischung. Zum Beispiel verwendet er auch gerne Sumach. Die Blume blüht zwar viel auf Sizilien, wird aber hauptsächlich in der türkischen Küche verwendet. Roberto experimentiert gerne und gibt der italienischen Küche einen neuen, kreativen Touch.
Nun setzen wir uns aber erstmal und genießen unseren gefühlten Kurzurlaub in Italien. Mit dem italienischen Kultgetränk Chinotto – unbedingt mit Eis und Zitrone trinken – beginnt unsere kulinarische Reise in den Süden. Heute beglückt uns Roberto mit italienischem Schweinebraten auf Polenta und Pasta mit Ricotta, Aubergine und Tomatensugo. Als Vorspeise dürfen die frittierten, sizilianischen Reisbällchen „Arancini“ natürlich nicht fehlen. Als halbe Sizilianerin schwebt unsere Autorin jetzt schon im absoluten Heimat-Himmel. So authentisch hat es in München bisher noch nie geschmeckt! Als Roberto uns dann noch seine selbstgebackene Torta al Pistacchio (Pistazienkuchen) und den Espresso aus selbstimportierten sizilianischen Kaffeebohnen serviert, sind wir im absoluten kulinarischen Paradiso angekommen. Wenn Corona nicht wäre, hätten wir Roberto in diesen Moment ganz lange umarmt.
Auch für Roberto hat Corona so einige Veränderungen mit sich gebracht. Der kreative Sizilianer ließ sich davon aber nicht einschüchtern, sondern wurde in der Not erfinderisch. Seine Lieblingsgerichte und die der Gäste hat er zusammen mit dem befreundeten Fotografen Stefan Braun in einem eigens verlegten Kochbuch veröffentlicht. Stefans Fotos können wir auch an den Wänden im Feinkostladen bewundern. Impressionen aus Italien in dezentem schwarzweiß. Während wir das Rezeptebuch durchblättern, bekommen wir schon Appetit und die Lust, den Kochlöffel zu schwingen. Wunderschöne Bilder, kreative Rezepte und italienische Kochleidenschaft vereinen sich auf diesen Seiten. Sogar das Lieblingsrezept unserer Redakteurin ist dabei: die sizilianischen Fleischbällchen Polpette.
Roberto ist übrigens in Palermo, der Hauptstadt Siziliens, groß geworden. Zu den täglichen Nachrichten in den Zeitungen gehörten Todesmeldungen von Opfern der Mafiakriege. „Das war ein Grund weshalb ich Italien verlassen habe“, erzählt er uns. Ein weiterer Schritt seiner Antimafia Bewegung ist der Verkauf von Feinkost Produkten der italienischen Initiative Libera Terra. Die köstlichen Bio-Produkte stammen von Feldern, die früher in Mafia-Hand waren, dann aber konfisziert wurden. Bisschen Robin Hood mäßig! Wer also süditalienische Produkte aus den gut gefüllten Regalen seines Ladens kauft, der holt sich nicht nur ein Stück Italien nach Hause, sondern setzt auch ein Zeichen gegen Korruption und die Cosa Nostra.
Wir decken uns noch mit reichlich Kaffeebohnen ein, trinken den letzten Schluck Chinotto und wandern noch einmal durch den kleinen Laden. Ein letztes Mal italienischen Flair genießen, dann verabschieden wir uns von dem sympathischen Sizilianer. Roberto hat uns das Heimweh nach Italien ein bisschen nehmen können, indem er seine Heimat hierhergebracht hat. Dass dies nicht unser letzter Besuch war, ist klar. Dass Roberto den besten Pistazienkuchen der Welt backen kann, auch.