Sound of Munich #13 Art Directors – Eine musikalische Fernbeziehung zwischen Pop und elektronischer Musik

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So eine Fernbeziehung kann schon nerven. Spontan geht da schon mal gar nicht, Planung ist das A und O. So ist es mit dem Freund oder der Freundin, aber auch mit dem musikalischen Partner. Dass man sich trotzdem darauf einlässt, hat nicht selten damit zu tun, dass es zwischen beiden so harmoniert wie sonst mit wenigen Menschen. Und so geht es auch den Art Directors. Aljoscha Reidl und Andreas Beck sind seit Jahren räumlich getrennt, leben aber zusammen ihr musikalisches Projekt. „Wir telefonieren fast jeden Tag“, erzählt Aljoscha. „Und jedes Mal geht es um Musik, auch wenn wir natürlich auch über Privates quatschen.“ Und wenn sie sich dann treffen, ist es eine Mischung aus Arbeit und den besten Freund zu sehen.

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Das Dreamteam am Werk.

„Versuchs doch mal mit Singen“  – Wenn der Produzent zum Sänger wird

So auch bei ihrer neuen Single „Moments to Stay“. Entstanden ist die zu später Stunde, als die beiden im Studio zusammensaßen. Alles fing an mit einem Gitarrensample, das wurde schneller als erwartet gemacht und schon stand das Grundgerüst. „Sing mal selber“, hat Andi dann seinen Partner aufgefordert. Denn wie er erzählt, war Aljoscha bereits Background-Sänger bei ihren Projekten, und auch das „habe schon gut geklungen“! Und so auch dieses Mal: Die beiden waren gleich begeistert, nicht durch während dem einen oder anderen spirituellen Getränk, sondern auch am nächsten Morgen noch – vom Gesang. In der Produktion kamen dann eine Bassline, Drums und Effekte dazu. „Es hat ein bisschen was von Slap-House, hat aber was ganz Eigenes“, erzählt Andi. Jetzt erscheint der Song ganz offiziell auf „United Music Hits.“ Das ist eines der größten Labels in Spanien für elektronische Musik und bekannt dafür, auf talentierte Newcomer zu setzen. 

„Art Directors“ heißt: Mit vielen Künstlern zusammenarbeiten

Art Directors – bei den beiden ist der Name Programm. Sie verstehen sich auch als Brücke zwischen Sängern und Songwritern, Produzenten und Musikern – Direktoren eben, die ihre Manege für andere freigeben, das Besondere in Szene setzen und in so manchem auch verstecktes Talent zutage fördern. Beim Text von „Moments to stay“ kam daher, wie so oft, der Text einer guten Freundin der beiden zu Einsatz. Die Verfasserin erklärt, dass es dabei um Freundschaft ging, eines der höchsten Güter unserer Zeit, wie sie findet. Halt und Orientierung soll der Song geben, er feiert die gemeinsamen Erinnerungen und zeigt, dass eine solche Verbindung für immer sein kann. Aber auch bei ihrem Musikstil lassen sich die beiden immer wieder von anderen Künstlern inspirieren. Grundsätzlich sei es „Dance, House, Pop – also elektronische Tanzmusik“, erklären die beiden. Aber auch hier ergänzen sie sich wieder gut. Aljoscha mag es gerne mal poppiger. Andi hört auch viel im Tech House Bereich, ärgert sich dann aber teilweise, wie schnell Musikstücke als Mainstream verschrien und schlecht gemacht werden. „Der Song wird ja nicht schlechter, nur weil ihn die Masse hört“. Und was die hört, ändert sich eh ständig, sagt Aljoscha. Wichtig ist den beiden bei ihrer Musik, dass es „harmonisch klingt und die Sounds besonders sind“.

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Die Art Directors in ihrem Element.

Aljoscha musste sich erst in elektronische Musik „reinhören“

Nichts ändern, aber musikalisch dazulernen musste Aljoscha. Als die beiden sich bei einer Ausbildung in Stuttgart kennenlernen, ist Andi DJ und Aljoscha produziert Pop. Als erstes gemeinsames Projekt nehmen sie an einem Remix-Contest teil. Aljoscha bringt Andi das Produzieren bei, im Gegenzug lernt er aufzulegen. „Über den Song vom Remix Contest legen wir aber dann besser den Mantel des Schweigens“, sagt Andi und schmunzelt.

Bei Aljoscha geht es früh mit der Musik los. Er lernt Klavier und Gitarre, noch heute ist der berühmte Gitarrist Mark Knopfler ein Vorbild für ihn; mehrfacher Grammy-Gewinner und Mitgründer der Rockgruppe Dire Straits. Aus der aktuellen Musik mag er besonders die Chainsmokers. Weil sein Elternhaus selbst in der allerhöchsten Etage der Popmusik komponiert und produziert, will sich Aljoscha davon absetzen, sein eigenes Ding machen. Also analysiert er elektronische Musik und arbeitet mit Andi zusammen an der Vorstellung, wie ihre gemeinsame Musik klingen soll. „Ich musste mich schon etwas reinhören“, sagt Aljoscha. Vor allem die Synthesizer waren neu für ihn. Mit der Zeit kam dann das Gespür für die Tanzmusik.

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Ohren auf – unser neuer Sound of Munich.

Andi macht das neue Hobby später zum Beruf

Für Andi war es anders. Er hat kein Instrument gelernt, aber immer viel Musik gehört. Zum Auflegen kam er, weil er ein neues Hobby suchte. „Außerdem bin ich nie der große Tänzer gewesen“, sagt Andi und grinst schelmisch. Ein logischer Schritt für ihn also, lieber für die Musik zu sorgen, als die Tanzfläche unsicher zu machen. Der Unterricht an einer DJ-Schule in Stuttgart begeistert ihn und aus der Freizeitbeschäftigung wird ein Beruf. Andi arbeitet sich hoch – von kleinen Clubs außerhalb Stuttgarts –, und wird Resident-DJ in mehreren Läden im Stadtzentrum. Einmal schnappt er sich seinen Controller und fliegt nach Las Vegas. Er setzt sich oft einfach Ziele, die er dann erreichen will – so wie eben dort aufzulegen. „Ich durfte dann bei der Poolparty eines Hotels direkt gegenüber vom Caesars Palace spielen“. Nach München kommt er dann durch seine damalige Freundin, startet auch hier Projekte und arbeitet mit einem DJ-Kollektiv zusammen. Der unterschiedliche Zugang zur Musik zeigt sich noch heute bei ihrer gemeinsamen Arbeit. Aljoscha probiert stundenlang neue Instrumente und Erweiterungen für seine Programme aus. „Bass fetter, Stimme rausholen – er schickt mir immer wieder Bilder von neuen Plugins“, sagt Andi. Er wiederum achtet immer sehr auf die Struktur: Bei DJ-Live Sets und beim Produzieren. „Außerdem sind ihm die Album-Cover sehr wichtig“, erzählt Aljoscha. Das Abmischen eines Songs macht Aljoscha dann wieder alleine. „Damit jeder Ton mit der Lautstärke spielt, wie ich das möchte.“

Über die Jahre entsteht ein Netzwerk aus Freunden

Danach geht es meistens dran, ein Musikvideo zu machen. Das kann animiert sein oder wird mit Hilfe von Freunden gedreht. „Da kommt dann das Netzwerk zum Einsatz, das wir uns über die Jahre aufgebaut haben“, erklärt Aljoscha. Dazu gehören andere Djs und Produzenten, aber auch Kameraleute und Mediengestalter. Und die haben auch beim Video zum Song „Time Lapse“ geholfen. Viel machen die zwei aber auch selbst. Denn gerade Andi ist ein absoluter „Techi“, wie er sagt. Über technische Neuerungen, nicht nur auf dem Musikmarkt, informiert er sich täglich. Er sei der Typ, der von allen Freunden und der Familie gefragt wird, wenn mal wieder etwas nicht geht, sagt Andi. „Mittlerweile ruft nicht nur Aljoscha an, sondern auch der Freund meiner Schwester“.  Und noch eine Leidenschaft hat Andi seinem musikalischen Konterpart näher gebracht – die Liebe zu gutem Gin. Denn damit beschäftigt sich Andi seit Jahren, schon bevor Gin Tonic wieder zum Trend wurde. Seine Empfehlungen dafür sind sehr geprägt von der schwäbischen Heimat: „GinSter, Monkey47 sind ganz gute Sorten“, empfiehlt er. Vielleicht wird einer der beiden Gins dann auf dem Tisch stehen, wenn die Art Directors wieder gemeinsam im Studio sitzen und an neuen Songs arbeiten.

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