Ja mei, des Münchner Umland ist fei scho schee. Hier erwarten uns malerische Landschaften, traumhafte Panoramen aufs Alpenvorland und herzerwärmende Dorf- und Kleinstadtliebe. Dafür braucht es keine anstrengenden Autofahrten, es reicht ein Zustieg in die S-Bahn. Von der City ab auf’s Land – in diesem Sinne zog es uns neulich etwa 30 Kilometer nördlich von München in die jüngste Stadt Bayerns: Freising. Was uns neben einer hohen Friseurdichte, lebensgroßer Bärenstatuen und der ältesten Brauerei der Welt noch so begegnet ist? Wir verraten’s euch…
10 Uhr, Donnersberger Brücke: die schon etwas tief stehende sommerliche Morgensonne lacht uns gebettet in den sattblauen Himmel ins Gesicht. Wir haben richtiges Kaiserwetter. Sie fährt ein: Die S1. Auf dem Digitalanzeiger steht unser Ziel: Freising. Wir steigen ein und machen es uns gemütlich. Etwas über eine halbe Stunde zieht es uns vorbei an kleinen Orten und frischgeernteten Feldern, soweit das Auge reicht, bis wir bei der Einfahrt in den Endbahnhof schon die Freisinger Skyline mit den zwei Domspitzen erspähen können. Nach dem Aussteigen zieht es uns von ganz allein in die Freisinger Altstadt.
Doch bevor wir uns voller Bewegungsdrang auf Entdeckungstour begeben, wollen wir uns mit einer Kleinigkeit zum späten Frühstück stärken. Mit offenen Augen suchen wir nach dem richtigen Place to Eat, von wo wir das Freisinger Kleinstadttreiben gut beobachten können. In der Oberen Hauptstraße, die gerade zu einer reinen Fußgängerzone verschönert wird, stoßen wir auf das Pano. Das jüngst eröffnete Café, das in einem niedlichen, hellblau verputzten Altbau einen Platz gefunden hat, reizt mit knusprigen Broten und einer vielfältigen Auswahl an Aufstrichen. Wir verlieben uns sofort in das Rosmarin-Kartoffelbrot, das uns die Bedienung ans Herz legt. Neben sündhaft leckerem und feinzubereitetem Gebäck staunen unsere Augen auch über das Innenkonzept des Cafés. Stilvoll eingerichtet, bietet das Pano eine Wohlfühloase für entspannte Stunden. Wir haben Kräfte getankt…
Voller Tatendrang ziehen wir weiter in den östlichen Teil der Innenstadt. Immer wieder bringen uns süße Ladenlokale von unserem Weg ab. Genauso wie ein kleiner Innenhof abseits der hochfrequentierten Einkaufsstraße. Plötzlich haben wir das Gefühl, irgendwo in Italien zu sein. Ein romanischer Passagengang über uns wird wohl dieses Gefühl in uns ausgelöst haben. Verträumt schlendern wir weiter und stoßen auf das nachhaltige und regionale Geschäft Hinterland, das neben feinen und hochwertigen Spirituosen, Kosmetik- und Haushaltsartikeln auch liebevoll designte Grußkarten und Dekorationen für ein ästhetisches Ambiente in den eigenen vier Wänden bietet. Der Name Hinterland kommt, wie wir erfahren, von dem bewusst auserwählten Angebot kleinerer Destillieren sowie jungen Start-Ups aus dem bayerisch-ländlichen Raum und darüber hinaus.
Aufgrund der überschaubaren Größe Freisings gelangen wir vermehrt in die kleinen, mit Kopfsteinpflaster versehenen Gassen. Ein wirkliches Schmankerl bei jedem Freising-Trip ist der Mittlerer Graben. Vorbei an kleinen Altstadthäusern und rankenden Rosensträuchern kommt es nämlich ganz schnell wieder: dieses Italien-Gefühl. Auf mittlerer Strecke entdecken wir den Amtsgerichtgarten. Übrigens ein Geheimtipp der Locals für eine ruhige Mittagspause im geschützten Schatten großer Bäume vor der heißen Mittagssonne. Von alleine werden wir durch die malerischen Gassen geführt und landen wie bei einem Rundweg wieder am westlichen Ende der Fußgängerzone. Wir blicken auf die Straßenbeschilderung und lesen das in Großbuchstaben geschriebene Wort Weihenstephan. Pack ma’s, denn das steht nämlich auch auf unserer „What-to-do-in-Freising Liste“.
Wir kommen an den Ort, wo einst Geschichte der bayerisch-deutschen Leitkultur geschrieben wurde, – wenn nicht sogar für die ganze Welt. Denn in Freising steht, – wer hätt’s gedacht – die älteste Bierbrauerei der Welt. 725 gründete der heilige Korbinian mit seinen zwölf Gefährten auf dem Nährberg ein Benediktinerkloster und etablierte bewusst oder auch unbewusst die Weihenstephaner Braukunst. Wir lassen uns die Gelegenheit natürlich nicht entgehen und trinken an diesem geschichtsträchtigen Ort im hauseigenen Biergarten ein Helles. Wir können es kaum glauben, an jenem Ort zu sein, wofür uns manch andere Nation oder gar Kultur beneidet.
Uns zieht es zurück nach Freising, denn wir haben noch längst nicht alles gesehen. Auf unserem Rückweg begegnen uns immer wieder Bärenstatuen, so ähnlich wie wir sie aus der Hauptstadt kennen. Der Bär ist nämlich ebenfalls das Wappentier von Freising und führt zurück zu unserem alten Bekannten, dem heiligen Korbinian. Der, so heißt es, pilgerte nämlich mit einem Bären bis nach Rom. Eine Sache, die uns skurrilerweise ebenfalls auffällt, sind die unzähligen Friseurläden in Freising. Eine Erklärung dafür haben wir nicht gefunden. Aber wir denken mal, dass sich die Freisinger gerne die Haare schön machen.
Zum Abschluss wollen wir noch mal hoch hinaus und pilgern gen Dom. Von dort aus haben wir einen überaus weiten Blick auf das Erdinger Moos. Wie es das Kaiserwetter zulässt, können wir sogar bis zu unserer Heimat München blicken. Und dort, wo es bekanntlich bergauf geht, geht es auch wieder bergab, sodass unsere Füße sich ganz heiß laufen. Wie passend, dass wir bei unserer Ankunft schon die Kneippanlage im Rosengarten ausfindig gemacht haben. Denn etwas oberhalb der Isar fließt deren linker Nebenfluss, die Moosach, durch Freising und bietet die optimale Erfrischung, die wir nach dem ganzen Erkunden wirklich verdient haben. In verwunschener Atmosphäre lassen wir das kalte Wasser zwischen unsere Füße strömen.
Erholt neigt sich unser Freising-Trip dem Ende entgegen. Wieder am Bahnhof angekommen, steht unser roter Flitzer mit der Nummer eins schon abfahrtbereit. Mit dem Blick auf die allbekannte Stadtkulisse beschleunigt unser Zug Richtung München. Wir sind uns sicher, nach Freising kommen wir bald wieder. Denn wie es der Name der Stadt schon in sich trägt, fühlt man sich hier ganz und gar unbeschwert und frei.